Ein schwarzer Unterstützer Trumps Mitte Juni in Atlanta. Jüngsten Umfragen zufolge liegt im Bundesstaat Georgia derzeit allerdings Hillary Clinton vorne.

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Ashley Bell hat die schwierige Aufgabe, schwarze Wähler für Donald Trump zu mobilisieren.

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Man kann Donald Trump, dem republikanischen Präsidentschaftskandidaten, vieles vorwerfen. Aber nicht, dass er um eine tägliche Dosis kalkulierter Überraschungen verlegen wäre. Jüngster Coup: Der König des Pöbelns hat eine Charmeoffensive gestartet. Damit will er offenbar all die gesellschaftlichen Gruppen umgarnen, die er vorher wüst beleidigt oder nachhaltig verprellt hat. Erste Zielgruppe: Afroamerikaner.

Doch Trump zeigte einmal mehr, dass er Charme nicht kann. Erst versprach er bei Treffen mit afroamerikanischen Politikern, Arbeitsplätze zu schaffen und Afroamerikaner "von der Straße zu holen" –und erntete dafür Befremden.

Kurz darauf kam die Meldung, dass die Cousine des schwarzen NBA-Stars Dwyane Wade bei einer Schießerei in Chicago erschossen wurde, als sie mit ihren Kindern spazieren ging – ein weiteres unschuldiges Opfer der grassierenden Waffengewalt in den USA. Trump, Anhänger einer Law-and-order-Politik, war schnell bei der Hand, die Tragödie für sich zu instrumentalisieren. "Ich habe es immer gesagt: Afroamerikaner werden Trump wählen", triumphierte er via Twitter, erntete einen Shitstorm, und die Charmeoffensive endete als Rohrkrepierer.

Afroamerikaner sind eine mächtige Wählergruppe. Sie machen 13 Prozent der US-Bevölkerung aus und wählen traditionell mit großer Mehrheit demokratisch; 95 Prozent stimmten 2008 für Barack Obama. In den vergangenen acht Jahren hat die Wahlbeteiligung unter Schwarzen außerdem massiv angezogen.

In den Südstaaten liegt der Anteil von Afroamerikanern an der Bevölkerung bei 30 Prozent. Hier, in der Heimat von Baumwolle und Blues, der Hochburg der Bibeltreuen, der Bürgerrechtskämpfer und der Businessleute, könnten schwarze Stimmen wahlentscheidend werden.

Seit den 60er-Jahren, seit republikanische Politiker die Angst weißer, oft unterprivilegierter und rassistisch bewegter Amerikaner vor dem schwarzen Umsturz schürten, sind die Südstaaten fest in republikanischer Hand. Donald Trump fuhr zunächst eine Vulgärversion dieser sogenannten "Southern Strategy". Damit war er zunächst auch erfolgreich, räumte bei den Vorwahlen im Süden kräftig ab.

Clinton in Georgia in Führung

Doch jetzt sieht es aus, als drohe die Strategie zum Bumerang zu werden. Jüngste Umfragen zeigen: Aus einigen vermeintlich soliden "Red States", stramm republikanischen Staaten, könnten im November demokratisch dominierte "Blue States" werden. Georgia zum Beispiel. Hier liegt Hillary Clinton derzeit vorne. Wenn Trump weiter jeden Tag wild aus der Hüfte schießt, dürften selbst linientreue weiße Republikaner ihrem Kandidaten bald die Gefolgschaft kündigen. Und bei Afroamerikanern kann Trump – insbesondere seit seinem bizarren Versuch einer Kehrtwende – ohnehin nicht punkten.

Vor allem nicht in einer Stadt wie Atlanta. Die Metropole und Hauptstadt von Georgia trägt den Spitznamen "Black Mekka": Hier sind 54 Prozent der Bewohner schwarz; die Stadt hat einen schwarzen Bürgermeister, einen schwarzen Polizeichef, eine breite schwarze Mittelschicht und prominente schwarze Millionäre, vor allem aus der Sport-, der Hip-Hop- und der Filmszene. Und außerdem eine reiche schwarze Geschichte: Hier wurde der Bürgerrechtsführer Martin Luther King geboren, von hier aus plante er seine Protestmärsche, hier liegt er begraben.

"Trump hat bereits viel Schaden angerichtet. Wer ihn unterstützt, muss dafür sehr gute Gründe haben", mahnte Raphael Warnock, Pastor in der Ebenezer Baptist Church, jener Kirche, in der King einst predigte.

"Eine riesige Herausforderung"

Ashley Bell hat einen Grund, aber er ist wohl selbst nicht ganz sicher, ob es ein guter ist. Bell ist erfolgreicher Anwalt in Atlanta, schwarz, jung, smart, Mitglied der Republikaner und schon als solcher ein Exot. Vor kurzem hat ihn die Parteiführung mit der Aufgabe betraut, schwarze Wähler für Donald Trump zu mobilisieren. "Eine riesige Herausforderung", sagte Bell artig in einem offiziellen Statement.

Tatsächlich ist es einfach nur ein undankbarer Job. Und ein Job, von dem der aufstrebende Politiker nicht einmal selbst überzeugt ist. Es sei tatsächlich schwierig, einen Afroamerikaner zu finden, der Trump und dessen Agenda befürworte, sagte er, als ich ihn im Frühjahr interviewte. Ganz bestimmt nicht nach der jüngsten, verunglückten Charmeoffensive. (Katja Ridderbusch aus Atlanta, 29.8.2016)