Karl-Heinz Ströhle starb überraschend während einer Wanderung.

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Karl-Heinz Ströhles Ausstellung "Wireframe" 2010 in der Galerie Klaus Strickner.

Foto: Galerie Klaus Strickner

Fotografiertes Vasen-Objekt (2009).

Foto: Galerie Klaus Strickner

Wien – Stahl, das war der Stoff für seine Kunst. Ob dreidimensional direkt als Arbeitsmaterial für seine Stahlfeder-Skulpturen, für die Karl-Heinz Ströhle das mit Stärke und Härte assoziierte Material in dünnen Bändern legte und verschweißte und so weich und beweglich machte, oder als Motivfundus für seine Zeichnungen und Ölgelmälde, deren verschlungene, organische, zuweilen rhizomatische Formen auf Federstahlkreise zurückgehen.

Etwa zwängte er die Federstahlbänder dazu in einen Rahmen und spannte dann eine feuchte Leinwand darüber, um mit einer Farbwalze die sich durchdrückenden Konturen abzunehmen. Manche Ergebnisse erinnern an Autobahnknoten von oben, manche liegen wie Blasen nebeneinander. Große Leichtigkeit und Anmut prägen diese Werke. Wenig und zugleich doch verwunderlich: zuvor hat Ströhle mit Gummibändern gewerkt.

Wie jetzt bekannt wurde, ist der ist der Zeichner, Maler, Performance-, Objekt- und Medienkünstler am Mittwoch im Silvretta-Gebiet völlig überraschend während einer Wanderung verstorben. Er war dort Teilnehmer des Symposions "SilvrettAtelier", das seit einem Jahrzehnt biennal im Sommer renommierte Künstler für zwei Wochen auf 2000 Metern Seehöhe versammelt.

Öffentlicher Raum

Geboren 1957 in Bregenz, studierte Ströhle zunächst am Mozarteum in Salzburg, später an der Universität für angewandte Kunst, wo er 2014 im Fach Bildhauerei habilitierte. Seit 30 Jahren lebte er in Wien, unterrichtete an der FH Salzburg; zuletzt hatte der von seinen Schülern hochgeschätzte Lehrer an der Angewandten die Klasse Kunst und kommunikative Praxis inne. Das Verhältnis von Linie und Raum untersuchte er mit minimalistischer, präziser Formensprache.

Seit den 1980ern waren seine Arbeiten international in Ausstellungen (etwa in den Deichtorhallen Hamburg oder dem Haus für Konkrete Kunst in Zürich) zu sehen. Viele haben, nicht zuletzt aufgrund ihrer Maße und Ströhles intensiver Beschäftigung mit Kunst am Bau, auch im öffentlichen Raum ihren Platz gefunden.

Unter anderem in der Passage zwischen Kunsthaus Bregenz und Vorarlberger Landestheater. Er gestaltete auch die Fassade der Fernwärme Wien und für die Illwerke in Vadans realisierte er ein über fünf Stockwerke reichendes Betonrelief, für das Landeskrankenhaus Salzburg eine metallpulverbeschichtete Wandmalerei. Vor dem Wiener Museumsquartier installierte er etwa 2011 einen riesig aufgeblasenen Boxhandschuh mit der Aufschrift "We got the Power".

Konzeptionell und spielerisch

Darüber hinaus war Ströhle ebenso Performance- und Medienkünstler. Auch hier blieb er seinem Wahlmaterial treu. In Videoarbeiten legte er etwa Stahlbahnen um Häuser. Ein Stupser, und alles kommt ins Schwingen. Auch die Grenzen zwischen dem Konzeptionellen und dem Spielerischen, zwischen figurativ und abstrakt, materialistisch und emotional, technisch und biologisch.

Am 2. Oktober hätte Ströhle den Konstanzer Kunstpreis entgegennehmen sollen. Dazu wird es nun nicht mehr kommen. Sein "vielseitiges und konsequentes Werk und die Ökonomie beim Einsatz seiner künstlerischen Mittel, die mit einer reduzierten Formensprache verbunden wird", lobte die Jury bei Bekanntgabe des Gewinners. (Michael Wurmitzer, 26.8.2016)