Kinderarbeiter protestieren auf den Straßen

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Warum zeigt das Weltjournal+ eine Reportage über Kinderarbeit in Bolivien? Es ist das ärmste Land Südamerikas, da scheint Kinderarbeit keine Überraschung zu sein. Doch schon nach wenigen Minuten offenbart sich, warum das Phänomen in dem südamerikanischen Land speziell ist.

In Bolivien wurde Kinderarbeit für unter 14-Jährige 2014 legalisiert, mehr als 800.000 Kinder arbeiten, und das bei einer Einwohnerzahl von rund zehn Millionen Menschen.

Die Sendung konfrontiert mit einem sehr befremdenden Bild: Kinder, die Gewerkschaften bilden und für ihre Rechte kämpfen. Eine bizarre Vorstellung für Europa, wo es erstens Kinderarbeit praktisch nicht gibt und zweitens Gewerkschaften oft als alteingesessen und blockierend dargestellt werden.

Die Reportage präsentiert die Kinderarbeiter als selbstbewusst, sie argumentieren damit, dass man die Realität nicht verleugnen soll.

Nach einem zerschlagenen Straßenprotest treffen sie sich sogar mit Präsident Evo Morales, der nicht gegen Kinderarbeit auftritt. "Ich finde gut, dass der Präsident uns zuhört, auch er musste schon als Kind arbeiten", sagt Gerald, ein Kindergewerkschafter. Ein ausgezeichneter Grund, Kinderarbeit zu rechtfertigen.

Doch in Bolivien ist die Legalisierung umstritten: Wirtschaftswissenschafter Osvaldo Gutierrez erklärt, dass das Gesetz zwar Kinderarbeiter schütze, doch die strukturelle Armut des Landes nicht bekämpfe. Eine erwachsene Gewerkschafterin sagt am 1. Mai dazu: "Das ist der Tag der Arbeiter, nicht der Tag der Kinder." Auch ein internationaler Gewerkschafter tritt in einem Interview dagegen auf. – Die Realität sieht für die Kinder trotzdem anders aus. (Christopher Rindhauser, 25.8.2016)