STANDARD: Sind die Fragen im Laufe der Jahrzehnte expliziter geworden, oder wird immer noch gefragt "Was ist Petting?" oder "Was ist ein Orgasmus?"
Kadolph: Es mag überraschend klingen, aber die Fragen der Leser haben sich kaum verändert. Es ändern sich die Fragestellung und das Vokabular. Jeder Jugendliche stellt sich in der Pubertät erneut dieselben Fragen: Bin ich normal? Kann man vom Petting schwanger werden? Ist mein Penis zu klein? Sind meine Brüste zu groß? Wie spreche ich ihn an? Über die Jahre sind mit gesellschaftlichen Veränderungen und der digitalen Weiterentwicklung Themenbereiche weggefallen und neue hinzugekommen. Nacktselfies und Sexting waren vor fünfzehn Jahren beispielsweise kein Thema.
STANDARD: Was sind die skurrilsten Fragen aus 57 Jahren Dr. Sommer?
Kadolph: Wir beraten Jugendliche in sensiblen Fragen der Pubertät, da gibt es keine skurrilen Fragen. Nach 25 Jahren Beratung bei "Bravo" und meiner vorangegangenen Erzieherzeit ist ohnehin keine Frage mehr komisch. Für den einzelnen Jugendlichen dreht es sich immer um ein erstes Mal: den ersten Kuss, das erste Verliebtsein, den ersten Liebeskummer, um Unsicherheiten mit körperlichen und psychischen Veränderungen in der Pubertät. Das Erfolgsgeheimnis der Dr.-Sommer-Rubrik ist, dass wir die Jugendlichen ernst nehmen.
STANDARD: Wie viele Fake-Fragen bekommen sie – geschätzt – in etwa?
Kadolph: Die eine oder andere war in der Vergangenheit sicherlich dabei. Gezählt haben wir die nicht.
STANDARD: Sie erhalten rund 300 Fragen pro Woche. Werden alle beantwortet?
Kadolph: Ja, wir beantworten sie alle. Immer mit der gebotenen Sensibilität und Sorgfalt. Manche individueller als andere, das ist von der Komplexität des Themas abhängig. Bestimmte Fragenkomplexe, beispielsweise zu körperlichen Veränderungen oder zur Verhütung, sind wiederkehrender Natur, hier haben sich die Antworten über die Jahre auch nicht geändert.
STANDARD: Sind die Jugendlichen aufgeklärter als früher?
Kadolph: Die Ergebnisse unserer Umfrage zur Dr.-Sommer-Studie 2016 zeigen, dass die Jugendlichen gut über Verhütung Bescheid wissen. Das ändert allerdings wenig an den vielen Unsicherheiten in der Zeit des Erwachsenwerdens. Ein auf und Ab der Gefühle, alles ist neu.
STANDARD: Wie groß ist das Dr.-Sommer-Team?
Kadolph: Wir sind fünf Kollegen bei "Bravo", "Bravo Girl!" und bei "Bravo online".
STANDARD: Welche Ausbildung muss man haben, um im Dr.-Sommer-Team arbeiten zu können?
Kadolph: Wir haben alle eine pädagogische Ausbildung. Ich bin Erzieherin, die anderen Kollegen Pädagogen und Sozialpädagogen. Zum Team gehört zudem Tina Bremer-Olszewski, Autorin des Aufklärungsbuchs "Make Love".
STANDARD: Wer schreibt Ihnen öfter, Burschen oder Mädchen? In welcher Hinsicht unterscheiden sich die Probleme von Mädchen und Burschen?
Kadolph: Wir erhalten grundsätzlich mehr Anfragen von Mädchen, sie sind grundsätzlich kommunikativer. Jungen schicken uns eine klare Frage ohne viel drum herum. (Oliver Mark, 26.8.2016)
Sabine Kadolph (52) gehört zu den aktuell fünf Beraterinnen des Dr.-Sommer-Teams von "Bravo". Die Rubrik der vor 60 Jahren gegründeten Jugendzeitschrift erschien erstmals 1969.
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- 60 Jahre "Bravo": Noch immer 300 Anfragen pro Woche an Dr. Sommer