Verstärkte Polizeikontrollen führen zu mehr Anzeigen bezüglich Drogendelikten.

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Wien – Sowohl die Anzeigen nach dem Suchtmittelgesetz als auch die Menge an sichergestellten Drogen sind von 2014 auf 2015 stark gestiegen. Das geht aus dem neuen Suchtmittelbericht des Bundeskriminalamts hervor. Knapp 33.000 Anzeigen wurden im Vorjahr erstattet, 10.892 davon in Wien. Das bedeutet einen Anstieg von 8,8 Prozent oder 2.657 Anzeigen gegenüber 2014. Auch die Menge an von der Polizei sichergestellten Drogen ist größer geworden; der Schwarzmarktwerkt der einkassierten Substanzen hat sich von 18 auf stattliche 28 Millionen Euro gesteigert.

Der Anstieg der Anzeigen nach dem Suchtmittelgesetz betrug 2015 gegenüber dem Vorjahr 8,8 Prozent.
Grafik: Der Standard

Ist die Drogenkriminalität in Österreich also innerhalb eines Jahres eklatant gestiegen? Jein, heißt es aus dem Bundeskriminalamt. "Es handelt sich hierbei vor allem um ein Kontrolldelikt", erläutert dessen Direktor Franz Lang. Das heißt: Steigt der Kontrolldruck, werden auch mehr Fälle angezeigt beziehungsweise aufgeklärt. Es ist also schwierig festzustellen, inwieweit die Anzahl der Dealer und der Konsumenten real gestiegen ist – oder ob einfach mehr auffliegen.

Nach Langs Einschätzung handelt es sich um eine Mischung. Einen Anstieg um 12,8 Prozent verzeichnete das Bundeskriminalamt über die letzten zehn Jahre bei sogenannten fremden Tatverdächtigen, also jenen mit nichtösterreichischer Staatsbürgerschaft. Insgesamt machten im Jahr 2015 fremde Tatverdächtige 34,1 Prozent der Angezeigten aus. Die Österreicher bilden also immer noch die Mehrheit.

Nationalitätsbezogene Spezifika

Sieht man sich die Nationalitäten der fremden Tatverdächtigen genauer an, landen Nigeria (1.344 Anzeigen), Deutschland (865) und Serbien (813) an der Spitze. Während als Verbrechen jene Mengen klassifiziert werden, die auf eine organisierte Kriminalität hindeuten, ordnet man kleinere Mengen, die vermutlich zum Eigengebrauch bestimmt sind, als Vergehen ein. Schlüsselt man dies nach Nationalitäten auf, zeigt sich, dass Serben mit 227 Anzeigen bei den Verbrechen mit Abstand vorne liegen, gefolgt von Nigerianern (84) und Türken (65).

Unter den fremden Tatverdächtigen waren 36 Prozent Asylwerber. Einen Zusammenhang sieht das BKA zwischen der Aufenthaltsdauer und dem Zeitpunkt der Straftat, die meist neun bis elf Monate nach Ankunft in Österreich begangen werde. Ein negativer Asylbescheid sowie Perspektivlosigkeit könnten Auslöser für die Straftaten sein, das müsse aber noch genauer untersucht werden. Der Arbeitsmarktzugang für Asylwerber ist derzeit jedenfalls wieder Teil der politischen Debatte.

2016: Wahrscheinlich Trendfortsetzung

Ein Blick auf die Aufteilung der Substanzen verrät: Bei Kokainhandel stehen nigerianische Tatverdächtige an der Spitze, bei Heroin serbische. Aber: Cannabis ist, unabhängig der Nationalität der Tatverdächtigen, unangefochtener Spitzenreiter. Würde man hier über eine Entkriminalisierung nachdenken, hätte die Polizei freigespielte Ressourcen. Lang verweist diesbezüglich auf politische Entscheidungsträger: "Diese Diskussion findet über dem Kopf des Polizisten statt."

Für 2016 will das Bundeskriminalamt nur eine vorsichtige Prognose abgeben: Vermutlich werde sich der Trend fortsetzen. Mit dem neuen Suchtmittelgesetz, das bei Dealen im öffentlichen Raum eine Strafandrohung von bis zu drei Jahren vorsieht, habe man jedenfalls mehr Möglichkeiten zur Verfügung. (Vanessa Gaigg, 24.8.2016)