Bild: Star Trek Bridge Crew
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Bild: Star Trek Bridge Crew

Auf der Suche nach guten Gründen, weshalb die Menschheit in 10 Jahren nicht auf dem Mars herumlaufen wird, sondern lieber auf der Couch sitzen bleibt, stolpert man zunehmend über Virtual-Reality-Games, die einem Kindheitsträume erfüllen. Bald wird man in die Haut von Bruce Wayne und Batman schlüpfen können und auch die Rolle von Captain Kirk ist nicht mehr überbezahlten Schauspielern vorbehalten.

In "Star Trek Bridge Crew" darf man mittels VR-Brille und Bewegungssteuerung zu einem von vier Protagonisten an Bord der U.S.S. Aegis werden und muss gemeinsam mit drei anderen VR-Touristen im Auftrag der Föderation in den unendlichen Weiten des Weltalls eine neue Heimat für die Vulkanier finden. Auf der vergangenen Gamescom konnte ich die aktuellste Version ausprobieren und muss gestehen: Das war eine der witzigsten Multiplayer-Erfahrungen, die ich je hatte. Fraglich ist bloß, ob sich das abseits von Messeständen und Hersteller-Events in der Realität reproduzieren lässt, wenn das Spiel im Herbst für PSVR, Oculus Rift und HTC Vive erscheint.

Ubisoft US

Die Vier im Schiff

Auf der Brücke des Enterprise-Nachfolgers darf man sich zunächst aussuchen, ob man Captain, Steuermann, Taktischer Offizier oder Ingenieur sein will. Im Zuge der Demo übernahm ich eifrig das Kommando, ein holländischer Kollege machte sich als Offizier an die Waffensysteme und die beiden restlichen Posten wurden von zwei sehr geduldigen Entwicklern übernommen.

Die Oculus Rift aufgesetzt und mit Oculus Touch-Controllern in den Händen wird man sogleich an seinen Arbeitsplatz teleportiert. Man kann sich umsehen, seinen Kameraden zuwinken, die im realen Raum eigentlich ganz anders aussehen und wo anders sitzen, und und mit den Händen fast wie in echt das Steuerpanel vor einem bedienen. Vor einem erstreckt sich über den Anzeigescreen des Raumschiffs der Weltraum. Die Grafik ist simplifiziert, steht aber der Erfüllung dieser Kindheitsfantasie nicht im Wege. Ich wähle über das Touchpad die Zielkoordinaten aus, die mein Steuermann festgelegt hat und schwenke das Schiff auf Kurs. Mein Ingenieur lädt den Warp-Antrieb, ich greife mit der linken Hand zum Schubregler, schiebe ihn ganz nach vorne und teile mit peinlicher Lautstärke die Begeisterung meiner Kollegen, als sich die Sterne um uns in die Länge ziehen und wir in die Ungewissheit beschleunigen.

In der Hitze des Gefechts

In der Demo-Mission machten wir vier uns schließlich an die Aufgabe, Rettungskapseln zu bergen, bevor klingonische Jäger auch die letzten Überlebenden einer Schlacht abfangen konnten. Während ich versuchte, die Aegis an Asteroiden und Trümmern vorbei zu navigieren, war der Kollege aus den Niederlanden damit beschäftigt, die Kapseln einzuholen und feindliche Raumschiffe unter Beschuss zu nehmen.

Das Magische daran war aber sicherlich, dass wir alle ein bisschen wie Captain Kirk sein konnten, aber auch die aufgeladene Atmosphäre im imaginären Raumschiff. Den Warnschreien des Ingenieurs, wonach sich unter dem feindlichen Dauerbeschuss allmählich die Schilde verabschieden würden, entgegnete ich fluchend mit gewagten Ausweichmanövern. Trotz aller Bemühungen des Offiziers, die Jäger mit Photonentorpedos zu zerstören, fing schließlich die Brücke an zu brennen. Ein Hauch von Panik machte sich breit, während der Steuermann kühlen Kopf bewahrte, um Fluchtkoordinaten festzulegen.

Absolute Genugtuung

Die Genugtuung, die meinen Körper durchfuhr, als ich bei nur noch drei Prozent Schildenergie den Warp-Antrieb zündete und uns und die Mehrheit der Rettungskapseln in Sicherheit katapultierte, spüre ich jetzt noch. Für 20 Minuten waren wir vier ein Team, das ums Überleben kämpfte.

So toll das Erlebnis selbst rückblickend war, stellt sich gewiss die Frage, ob sich eine komplett auf das kooperative Zusammenspiel aufgesetzte Erfahrung in der nahen VR-Zukunft unter Realbedingungen abseits derartiger Events so schnell realisieren lassen wird. Einerseits muss sich weisen, ob es genauso viel Spaß macht, wenn man nicht in einem Raum zusammengeschweißt ist, sondern rein online miteinander kommuniziert. Durch die Repräsentation der eigenen Person mittels Avatar in der Spielwelt, mit dem man zumindest rudimentär gestikulieren kann, ist dies tatsächlich denkbar. Selbst ohne fotorealistische Grafik ist das Gefühl der Präsenz enorm hoch. Man nimmt sein virtuelles ich und sein virtuelles Gegenüber praktisch unmittelbar als Personen wahr.

Teurer Beitrag zur Völkerveständigung

Der andere große Haken ist aber der Preis fürs "Star Trek"-Spielen. Neben einem starken PC oder einer PS4 benötigt man ein VR-System mit zwei Motion-Controllern. Bei HTC kostet das Komplettangebot Vive 900 Euro. Oculus Rift wird mit Oculus Touch nicht viel weniger kosten. Doch selbst PlayStation VR (399 Euro) mit zwei Move-Controllern (ca. 100 Euro) ist kein Schnäppchen. Wie viele Freunde werden sich also in den nächsten Monaten finden lassen, die mit einem gemeinsam die Brücke eines Raumschiffs besetzen?

Den wenigen anfänglichen VR-Pionieren wird heuer wohl nichts anderes überbleiben als in den Online-Weiten mit gleichgesinnten Fremden neue Bünde zu schließen. So gesehen ist "Star Trek Bridge Crew" kein billiger, aber ein überaus unterhaltsamer Beitrag zur Völkerverständigung. Müssen nur noch Klingonen und Vulkanier miteinander Frieden schließen. (Zsolt Wilhelm, 28.8.2016)