Strache und die Rache des Archivs im ORF-Sommergespräch: Mit einem EU-Austritt will der FPÖ-Chef nie etwas am Hut gehabt haben.

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Wien – Das Interview begann mit einer Steilvorlage für den Gast. Die Zahl 379.679 blendete der ORF zum Start seines Sommergesprächs mit Heinz-Christian Strache ein, unschwer als aktuelles Niveau der Arbeitslosigkeit zu identifizieren. Da fällt einem Oppositionsführer die Antwort nicht schwer: Dankbar lässt der FPÖ-Chef den Ruf nach einer Steuersenkung erklingen, finanziert durch eine Verwaltungsreform.

Als zweites Rezept gegen die Jobmisere propagiert Strache sektorale Arbeitsmarktschließungen für Ausländer. Wie ohne Zuwanderer Leistungen wie die Altenpflege aufrechterhalten werden könnten, hakt Moderatorin Susanne Schnabl, die den Parteichef auf seine Regierungsfähigkeit abklopfen will, nach. Strache fordert bessere Ausbildung und Bezahlung, auf dass auch Österreicher derartige Jobs übernehmen.

Auf die Frage, wie ein Kanzler Strache auf die Arbeitsplatzgefährdung durch die Digitalisierung reagieren würde, fällt selbigem vor allem ein, was er nicht will: "Eine kommunistische Idee" wie die vom amtierenden Regierungschef Christian Kern geforderte Maschinensteuer.

Die Rache des Archivs ereilt Strache beim Thema Europa. Als er beteuert, dass die FPÖ nie einen EU-Austritt gefordert habe, lässt Schnabl prompt ein Interview des freiheitlichen Europaabgeordneten Harald Vilimsky einspielen, das ziemlich deutlich das Gegenteil nahelegt. Auch in den sozialen Medien machen schnell alte Strache-Postings die Runde, in denen er wohlwollend auf das damalige EU-Austrittsvolksbegehren hinweist. Nun, im ORF, ringt sich der blaue Obmann ein "Bekenntnis zur EU" ab – aber nur, wenn es nicht zur "Selbstaufgabe" Österreichs komme.

"Schäbiges Spiel"

In Fahrt redet sich Strache, als ihn die Moderatorin mit dem Hinweis provoziert, dass in Sachen Flüchtlinge und Ausländer doch mittlerweile Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP) "die Themenführerschaft" habe. Der FPÖ-Chef ist bei der Widerrede nur schwer zu stoppen, er wirft der Regierung "ein schäbiges Spiel" vor, zumal diese stets alle blauen Forderungen abgelehnt habe und nur Scheinpolitik betreibe: Die Obergrenze für Asylwerber, sagt er etwa, sei "ein Schmäh". Dass er Kurz' Forderung nach verpflichtenden Ein-Euro-Jobs für Asylberechtigte inhaltlich unterstützt, musste Strache dann aber indirekt einräumen.

Was der in den Umfragen deutlich führende Rechtspolitiker klarstellt: Die FPÖ gehe nur in die Regierung, wenn sie den Kanzler stelle, sagt Strache und zeigt demonstrative Selbstsicherheit. "Der nächste Schritt ist das Kanzleramt", tönt er, und: "Ich habe meine Ziele immer erreicht." (jo, 22.8.2016)