Ankara – Die türkische Artillerie hat am Montag Fernsehberichten zufolge Stellungen von Jihadisten und Kurden in Nordsyrien angegriffen. Im Visier waren demnach Ziele der Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" in Jarablus und der Kurdenmiliz PYD nahe der Stadt Manbij. Der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu hatte zuvor erklärt, die Grenzregion müsse vollständig vom IS "gesäubert" werden.

Wie die Sender CNN-Türk und NTV berichteten, wurden Ziele des IS und der syrisch-kurdischen Partei der Demokratischen Union (PYD) von türkischem Boden aus unter Feuer genommen. Die Grenzstadt Jarablus wird vom IS kontrolliert, aus Manbij war der IS hingegen Anfang August von einem kurdisch-arabischen Militärbündnis vertrieben worden.

Yildirim: Kurdenstaat "vollkommen inakzeptabel"

Nur kurz vor den TV-Berichten über die Angriffe hatte Regierungschef Binali Yıldırım gesagt, die Bildung einer kurdischen Entität in Nordsyrien sei "vollkommen inakzeptabel". Kurdische Kämpfer machen derzeit in der Region Fortschritte im Kampf gegen den IS. Entscheidend könnte nun der Kampf um Jarablus sein: Nach Informationen der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte waren auf der türkischen Seite hunderte von der Türkei unterstützte syrische Milizionäre versammelt, die die Grenzstadt einnehmen wollten. Offenbar wollten die Kämpfer kurdischen Einheiten zuvorkommen.

Ebenfalls in der Grenzregion liegt die türkische Großstadt Gaziantep mit beinahe zwei Millionen Einwohnern. Dort wurden bei einem Anschlag auf eine kurdische Hochzeit am Samstagabend 54 Menschen getötet und mehr als 60 verletzt. Präsident Recep Tayyip Erdoğan sagte am Sonntag, ein "zwischen zwölf und 14 Jahre alter Selbstmordattentäter" habe sich inmitten der Hochzeitsgesellschaft in die Luft gesprengt. Hinter der Tat stecke womöglich der IS.

Außenminister Çavuşoğlu sagte am Montag dann mit Bezug auf die IS-Miliz, es sei das "ganz natürliche Recht" der Türkei, "diese Terrororganisation bei uns und im Ausland zu bekämpfen". Die Türkei werde den IS bekämpfen und auch den Kampf anderer Länder und Gruppen gegen die Jihadistenmiliz unterstützen.

Am Montagabend trat dann Regierungschef Yıldırım vor die Presse und nahm die Angaben zu dem Attentäter wieder zurück: "Wir haben keine Ahnung, wer hinter dem Anschlag steckt." Frühere Berichte, dass es sich dabei um ein Kind handelte und der IS dahinterstecke, seien "leider nicht richtig", es handle sich um "Gerüchte". Gleichwohl gebe es keinen Zweifel daran, dass die Verantwortlichen gefunden würden.

DNA-Test soll Täterschaft bei Gaziantep-Anschlag klären

Der Vorsitzende der linksliberalen prokurdischen Demokratischen Partei der Völker (HDP), Selahattin Demirtaş, erklärte, alle Todesopfer seien Kurden. Medienberichten vom Montag zufolge waren die meisten Toten Kinder und Jugendliche. Das junge Brautpaar überlebte den Anschlag. Die Zeitung "Hürriyet" berichtete, zur Identitätsbestimmung des Täters liefen DNA-Tests.

Seit Jahresbeginn wurden in der Türkei zahlreiche schwere Anschläge verübt, die der IS-Miliz oder militanten Kurden zugerechnet wurden. Wenige Stunden vor dem Anschlag in Gaziantep hatte Yıldırım eine "aktivere Rolle" der Türkei bei der Beilegung des Syrien-Konflikts angekündigt. (APA, 22.8.2016)