Graz – Ein Weststeirer hat sich am Freitag im Grazer Straflandesgericht wegen der Vergiftung von Rindern seines Nachbarn verantworten müssen. Der Angeklagte gestand, zwei Mal im fremden Stall Harnstoff untergemischt zu haben. Eine Videoaufzeichnung hatte den Mann überführt. Sieben Tiere waren verendet. Im Zentrum der Verhandlung stand, ob diese an einer Überdosis gestorben waren.

Staatsanwalt Johannes Winklhofer zeigte sich überzeugt, dass der Angeklagte nicht nur zweimal, sondern über Monate hinweg öfter im Stall des Nachbarn war. Der Weststeirer hatte zugegeben, dass ihn der Gestank der Güllegrube des Landwirts gestört hatte. Daher wollte er angeblich nur die Milchproduktion des Bauern einbrechen lassen und hat den Tieren den Harnstoff gegeben.

Ehemaliger Stierzüchter

Winklhofer warf ihm vor, dass er als ehemaliger Stierzüchter gewusst haben muss, dass eine einmalige oder zweimalige Beigabe nicht zum Einbruch der Produktion führen konnte. Sein Motiv sei daher die nachhaltige Vergiftung der Rinder gewesen. Doch der Angeklagte blieb dabei, dass er nur zwei Mal im Stall gewesen sein will: "Ich war verzweifelt. Ich wollte irgendeine Aktion setzen", versuchte sich der Beschuldigte zu rechtfertigen. "Es geht um das Ausmaß: Auf der einen Seite geben Sie das Motiv zu, aber Sie streiten den Zeitraum ab", sagte der Staatsanwalt.

Anwalt Peter Bartl, der den geschädigten Landwirt vertrat, stellte die Verzweiflung des Angeklagten infrage: "Wohnen Sie dort überhaupt neben dem Landwirt? Haben Sie dort Ihren Hauptwohnsitz?" "Nein", gab der Weststeirer zu. Er sei aber mit der Familie eng verbunden und deshalb öfter dort. "Was geht Sie das dann überhaupt an?", meinte Bartl.

Nur trächtigen Kühen verabreicht

Nach der Sichtung der Videoaufzeichnung wollte der Staatsanwalt wissen, warum der Angeklagte gezielt nur den trächtigen Kühen den Harnstoff direkt vorgeworfen habe und lediglich einen kleineren Rest in den Mischkessel für alle anderen gegeben hatte. Der Beschuldigte meinte, er habe nicht erkannt, dass diese Kühe trächtig waren. "Sie waren ein Vierteljahrhundert in der Stiermast und erkannten nicht, dass die Kühe trächtig sind? Sie sind doch vom Fach", wurde Richterin Michaela Lapanje laut.

Die Gutachterin schilderte, dass alle sieben Tiere plötzlich über Nacht gestorben waren und keine Anzeichen von Krankheiten hatten. Nach dem Tod konnte keine Ursache festgestellt werden. Das seien Anzeichen für eine Vergiftung mit Harnstoff, denn bei dieser ist schon nach wenigen Stunden nichts mehr nachweisbar, erklärte die Sachverständige. Sie meinte, dass die Dosierung auf dem Video die letale Dosis übersteige. Es sei in diesem Fall nur Glück gewesen, dass die Tiere nicht alles gefressen haben. Andere Rinder dagegen wären wohl nach einer überhöhten Gabe des Düngemittels gestorben sein. Die Symptome sind schwere Atemnot und Krampfzustände, die "Tiere haben Angst, Schmerz und Leid", schilderte die Gutachterin.

Haft und Schadenersatz

Der Angeklagte ist schließlich zu zehn Monaten Haft verurteilt worden. Davon wurden ihm neun bedingt nachgesehen. Außerdem sprach sie dem geschädigten Landwirt einen Schadenersatz von gut 16.800 Euro zu. Der Verteidiger des Weststeirers kündigte volle Berufung an. Das Urteil ist daher nicht rechtskräftig.

Zuvor hatte der Staatsanwalt in seinem Schlussplädoyer von einem "schäbigen Verhalten" des Beschuldigten gesprochen. Er sei auf Kreaturen losgegangen, die nur fressen und Milch geben und ihm nichts getan hätten. Die Tat sei laut Winklhofer "besonders boshaft ausgeführt" worden und der Angeklagte habe es klar auf die Existenz des ohnehin unter Preisdruck stehenden Milchbauern abgesehen gehabt.

Die von Anwalt Peter Bartl geforderte Entschädigung für den Landwirt erkannte der Beschuldigte nicht an. Sein Verteidiger meinte, dass man dem Weststeirer die sieben toten Rinder unterschieben wolle und eine Schuld "durch nichts zu beweisen" sei.

Die Richterin hatte jedoch keinen Zweifel daran, dass der Beschuldigte verärgert war und sich daher "mit nicht legalen Mitteln zur Wehr gesetzt hat". Er sei zwar nur einmal erwischt worden, aber schon früher sei etwas aufgefallen. Zudem habe der ehemalige Stiermäster Erfahrung mit dem Harnstoff als Futterzugabe. Er hatte "verwerfliche Beweggründe", sagte Lapanje. Der Angeklagte wurde wegen Tierquälerei und schwerer Sachbeschädigung verurteilt. (APA, 19.8.2016)