Styria-Chef Markus Mair.

Foto: Styria Media Group/Christian Jungwirth

STANDARD: Sie wurden 2013 Vorstandschef der Styria, davor waren Sie dort Aufsichtsrat. Sie haben seither die verlustreichen Styria-Medienaktivitäten in Slowenien aufgegeben, einige Magazine in Österreich eingestellt oder abgestoßen und stellen nun das "Wirtschaftsblatt" ein. Sind Sie quasi der Saubermacher des zweitgrößten Verlagskonzerns im Land?

Mair: Der Begriff Saubermacher gefällt mir nicht. Aber ich bin mit dem klaren Auftrag gekommen, das in den Jahren davor stark angewachsene Portfolio der Styria zu restrukturieren. Das bedeutete auch klare Anforderungen an die einzelnen Firmen im Konzern.

STANDARD: Den Auftrag formulierte der Styria-Aufsichtsratsvorsitzende damals etwa so: Jede dieser Firmen muss für sich wirtschaftlich sein und nicht von den starken Konzernteilen, vor allem der "Kleinen Zeitung", gestützt werden – was sich über viele Jahre unter dem Strich ganz gut ausging.

Mair: Wir brauchten damals jedenfalls mehr Firmen, die in den Topf einzahlen. Wir haben Produktkriterien definiert, und aus denen heraus hat sich jetzt die eine oder andere Maßnahme ergeben.

STANDARD: Nun kann man sich fragen: War der Expansionskurs bis 2010 zu forsch oder gar falsch, oder wurde das Ergebnis dieser Expansion dann bis 2013 nicht optimal weitergeführt? Wie kam's zum Aufräumbedarf?

Mair: Die Styria hat expandiert in einer Phase, als die wirtschaftliche Perspektive in Österreich und in den angrenzenden Märkten anders eingeschätzt wurde. Wenn man damals gewusst hätte, dass in Kroatien sechs, sieben Jahre Rezession folgen, hätte man damals wohl anders entschieden.

STANDARD: Und wie geht es heute mit Ihren Kroatien-Aktivitäten weiter? Sie sind dort Zeitungsmarktführer mit dem Massenblatt "24sata", der klassischen Kaufzeitung "Večernji List" und einer Wirtschaftstageszeitung, die immer wieder einmal infrage gestellt wurde.

Mair: Nein, "Poslovni dnevnik" hat im Vorjahr Gewinn erwirtschaftet, mit einer sehr kleinen Mannschaft von 15 Leuten und einer anderen Ausrichtung als das "Wirtschaftsblatt". Dort bieten wir den Lesern eher PR-mäßige Berichterstattung aus Unternehmen an. Die Zeitung ist zudem ein Kommunikationsweg für die Kongress- und Seminarschiene unter dieser Marke. Der "Poslovni dnevnik" steht keineswegs infrage. Wo wir in Kroatien derzeit in der Neuorganisation sind, ist der "Večernji List".

STANDARD: Ist der Prozess des Aufräumens in der Styria mit dem "Wirtschaftsblatt" und dieser Restrukturierung in Kroatien abgeschlossen?

Mair: Es gibt in kleineren Bereichen der Styria noch einige Unternehmungen und Projekte, mit denen wir noch nicht zufrieden sind, und die auch diesen Anforderungen nicht entsprechen. Die schauen wir uns permanent an.

STANDARD: Kleinere Unternehmen, die Sie mir vermutlich derzeit nicht nennen?

Mair: Nein, weil wir noch am Abtesten sind, ob nicht doch ein Modell funktioniert, bevor wir zur Ultima Ratio greifen müssen.

STANDARD: Der Betriebsrat des "Wirtschaftsblatts" hat dem Mutterkonzern und dem Management vorgeworfen, sie hätten immer an den Kosten gearbeitet und nicht an den Einnahmen.

Mair: Ich habe ein gewisses Verständnis, dass man da Schuldige oder Fehlentscheidungen sucht. Man muss das differenzierter betrachten. Da haben viele Grund zur Selbstreflexion, was zu einer nichtperformanten Entwicklung beigetragen hat. Aber diese Diskussion führe ich gerne mit den Betroffenen, aber nicht öffentlich. Im Eventbereich des "Wirtschaftsblatts" ist das Konzept wirtschaftlich gut aufgegangen; in der Regionalisierung haben wir die Planungen nicht erreicht. Die Gründe dafür sind nicht schwarz-weiß zu sehen.

STANDARD: Die Belegschaft schreibt dem Styria-Vorstand von vorschneller Schließung, sie appelliert an eine Fortführung.

Mair: Es wird weitere Gespräche mit möglichen Interessenten geben.

STANDARD: Nämlich?

Mair: Wir haben Verschwiegenheit vereinbart, das kann ich also nicht sagen.

STANDARD: Journalistengewerkschaft wie Verlegerverband sehen durch das Aus für das "Wirtschaftsblatt" ihre jahrelange Forderung nach einer neuen, höheren Medienförderung bestätigt. Sie stellen das "Wirtschaftsblatt" ein – haben Sie eine Idee, in welche Richtung die Förderung gehen sollte?

Mair: Seit ich in der Styria bin und das mitverfolge, passiert medienpolitisch nichts. Ein Land muss überlegen, was ihm hohe journalistische Qualität wert ist, die insbesondere andere und größere Redaktionen erfordert als ein Massenmedium. Mit diesen Themen muss man die Medienpolitik konfrontieren. Und man darf nicht vergessen: Hier geht es nicht allein um Presseförderung, sondern ebenso um öffentliches Anzeigengeld. Ein paar von denen, die jetzt aufschreien und sich über die Presseförderung alterieren, sollten in ihre eigenen Umsätze schauen, welche Anzeigenkunden da wie viel Gewicht haben.

STANDARD: Die "Kronen Zeitung" kampagnisierte prompt gegen eine höhere Presse- oder Medienförderung. Sie ist neben "Heute" und "Österreich" größter Nutznießer öffentlicher Inserate – deren werblicher Sinn und Informationsgehalt sich nicht immer gleich erschließt.

Mair: Ich denke, ich habe dazu alles gesagt.

STANDARD: Die Bilanz 2014 hat die Styria Media Group im Juli im Firmenbuch hinterlegt, damals hat die Styria 27 Millionen Euro operatives Minus ausgewiesen, wohl wegen der Einstellung in Slowenien und anderen Aufräumarbeiten. Die Bilanz 2015 ist bisher nicht eingelangt. Was steht denn dort unter dem Strich?

Mair: Die Styria weist für 2015 sechs Millionen Euro Gewinn nach Steuern aus, vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen 10,4 Millionen.

STANDARD: Im Firmenbuch findet man für die "Presse" 2014 1,83 Millionen Euro Verlust und für das "Wirtschaftsblatt" 2,34 Millionen Euro?

Mair: 2014 sind noch Restrukturierungsaufwendungen aus dem Projekt 2013/14 enthalten.

STANDARD: Also etwa Abfindungen für jene Menschen, die vor zwei Jahren gehen mussten, als die Verlage "Presse" und "Wirtschaftsblatt" zusammengelegt wurden. Das "Wirtschaftsblatt" wird wohl auch 2015 ein Minus geschrieben haben, wenn über zehn Jahre 17 Millionen zusammengekommen sind. Wie ist es denn der "Presse" 2015 gegangen?

Mair: "Die Presse" war 2015 operativ positiv.

STANDARD: Wenn Sie mit dem Aufräumen fertig sind: Gibt es Projekte, mit denen die Styria auch abseits von "Presse" und "Kleiner Zeitung" publizistisch aufzeigen will?

Mair: Wir konzentrieren uns in Österreich auf unsere Kernmarken "Presse" und "Kleine Zeitung". Im Oktober kommt ein großer Printrelaunch der "Kleinen Zeitung". In der "Presse", die eines der großen Wirtschaftsressorts in Österreich hat, bauen wir die Wirtschaftsberichterstattung nun weiter auf 60 Seiten die Woche aus. Digital haben wir noch Aufholbedarf, da gibt es noch das eine oder andere Vorhaben. Und wir haben ein publizistisches Projekt in der Konzeption, über das ich aber noch nichts sagen möchte. In Kroatien versuchen wir, Auflagenrückgängen im Printbereich mit digitalen Projekten, insbesondere Facebook Instant Articles und einem eigenen Youtube-Channel zu begegnen. (Harald Fidler, 19.8.2016)

Markus Mair (51) Der Jurist war Generaldirektor von Raiffeisen Steiermark und Aufsichtsrat der Styria, bevor er 2013 Styria-Vorstandschef wurde.