Linz/Wien – Ob ein Stoff flüssig oder gasförmig ist, hängt für gewöhnlich nur von zwei Faktoren ab: dem Druck und der Temperatur. Wie eine internationalen Forschergruppe unter Beteiligung von Wissenschaftern der Universität Linz nun im Fachjournal "Nature Materials" berichtet, spielt für Nanopartikel jedoch auch die Beschaffenheit der Oberfläche, auf der sie sich befinden, eine entscheidende Rolle.

Die theoretische Beschreibung der klassischen Aggregatszustände fest, flüssig und gasförmig geht auf den amerikanischen Physiker Josiah Willard Gibbs zurück, den Albert Einstein einst als das größte Genie in der US-Geschichte bezeichnete. Sie ist bereits seit 140 Jahren fixer Bestandteil der Thermodynamik und sagt unter anderem den Zustand eines Stoffes in Abhängigkeit seiner Temperatur und des Drucks voraus.

Auch wenn Gibbs` Gleichungen im Wesentlichen nach wie vor gültig sind, stoßen sie mittlerweile in sehr speziellen Fällen an ihre Grenzen. So beziehen sie etwa die Oberfläche des betrachteten Körpers nicht mit ein, was besonders im Fall von Nanopartikeln zu falschen Vorhersagen führen kann.

Fest bei 500 Grad Celsius

In ihrer aktuellen Studie konnten die Forscher nun zeigen, dass Nanopartikel auf einer Kristalloberfläche selbst bei einem Überschreiten der Schmelztemperatur um mehrere Hundert Grad noch teilweise fest bleiben. "Die Atomschicht einer Flüssigkeit, die direkt an die Wand des Behälters grenzt, kann man eigentlich immer als fest betrachten, da jedes Atom dort seinen fixen Platz hat", erklärt Kurt Hingerl von der Universität Linz und Mitautor der Studie. "In unseren Experimenten ist es nun aber erstmals gelungen, eine feste Phase zu erzeugen, die groß genug ist, um sie eindeutig messen zu können – und das bei einer Temperatur, bei der das Material schon längst flüssig sein sollte."

Konkret benutzten die Forscher jedoch keine Flüssigkeit in einem Behälter, sondern winzige Tröpfchen flüssigen Galliums, die sie auf einer Saphiroberfläche ablagerten. Obwohl Gallium, ein seltenes Element, das in der Natur meist nur gebunden in Aluminium oder Zink vorkommt, bereits bei etwa 30 Grad Celsius schmilzt, konnten selbst bei über 500 Grad noch feste Kerne in den Tröpfchen beobachtet werden.

Zwar handelt es sich bei den aktuellen Experimenten noch um reine Grundlagenforschung, die Forscher sehen jedoch schon potenzielle Anwendungsmöglichkeiten: "Letztendlich handelt es sich um eine neue Methode, um eine feste Phase über einen großen Temperaturbereich zu stabilisieren – ohne dabei die chemische Zusammensetzung des Materials zu ändern", so Hingerl. Das könne in Zukunft etwa bei der Entwicklung neuartiger Katalysatoren von Bedeutung sein. (APA, red, 16. 8. 2016)