Wien – Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) sieht in der neuen Zugangsbeschränkung für das Informatikstudium an der Technischen Universität (TU) Wien höchstens ein "lokales Problem". Österreichweit gebe es an anderen Unis noch genügend Plätze, so der Minister im Ö1-"Mittagsjournal". Wer an der TU Wien keinen Platz bekomme, könne etwa an die TU Graz gehen.

100 Millionen für Mint-Fächer

Die TU Wien hat Ende Jänner beschlossen, heuer erstmals die Studienplatzanzahl im Fach Informatik zu beschränken. Damit sinkt die Zahl der Studienanfänger im Studienjahr 2016/17 auf 581 – im Vorjahr waren es noch 1.125. Für heuer haben sich 749 Personen für die am 2. September stattfindende Aufnahmeprüfung angemeldet. Kritik an dem Schritt kam von den Studentenvertretern sowie in den vergangenen Tagen von Wirtschaftsvertretern und auch Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ).

Diese kann Mitterlehner nicht nachvollziehen. Die SPÖ habe die Verlängerung der Möglichkeit zu Zugangsbeschränkungen mitbeschlossen, die Wirtschaftskammer im Zuge der Begutachtung eine positive Stellungnahme dazu abgegeben. Darüber hinaus baue man im Fachhochschulbereich die Plätze aus: Im Zuge der Neuregelung der Bankenabgabe fließen 100 Millionen zusätzlich in den Mint-Bereich (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) an den Fachhochschulen (FH).

Ausweichen in die Bundesländer

Eine auch mit dem Aufschnüren der Leistungsvereinbarungen zwischen Unis und Bund verbundene Rücknahme der Beschränkungsmöglichkeit lehnte Mitterlehner wie bereits in der "Presse" ab. "Ich sehe nicht die Notwendigkeit, aus meiner Sicht einen umfangreichen Akt des Klügerwerdens einzuleiten", so der Minister im "Mittagsjournal". Die TU Wien müsse mit ihren beschränkten Ressourcen umgehen und habe deshalb die Möglichkeit zur Platzbeschränkung genützt.

Die Möglichkeit zur Einführung von Zugangsbeschränkungen unter anderem in der Informatik wurde 2013 eingeführt und erst im Vorjahr von den Regierungsparteien bis 2021 verlängert. Bisher machte davon aber nur die Uni Innsbruck Gebrauch, die TU und die Uni Wien folgen mit Beginn des kommenden Studienjahrs. An der TU Wien haben sich heuer 749 Personen für einen der 581 Plätze beworben, an der Uni Wien rund 400 für 360 Plätze. Wer keinen Studienplatz bekommt, kann an die Unis Salzburg, Klagenfurt und Linz beziehungsweise die TU Graz wechseln. Dort sind die Informatikstudien nach wie vor nicht beschränkt.

Kritik von der Wirtschaftskammer

Alfred Herl, Vorsitzender der Fachgruppe für Informationstechnologie in der Wirtschaftskammer (WKÖ), forderte im Ö1-"Morgenjournal" am Freitag die TU Wien auf, ihre Zugangsbeschränkung für das Informatikstudium rückgängig zu machen und wies auf den Ausbildungsauftrag der Uni hin. Die Studienplätze für Anfänger um die Hälfte zu reduzieren, hält er für das falsche Signal.

Die TU Wien führt mit dem Wintersemester 2016/17 ein Aufnahmeverfahren ein. Möglich ist dies seit 2013, damals haben SPÖ und ÖVP unter anderem für die Studienfelder Architektur, Biologie, Informatik, Pharmazie und Wirtschaft Zugangsbeschränkungen zugelassen.

Die Bundesregierung will zugleich Informatik als "Mangelberuf" einstufen, um verstärkt Arbeitskräfte aus dem Ausland anwerben zu können. Für Herl ist die Herangehensweise "punktuell gut", er möchte aber das Studium im Land stärken, sonst "gehen wir ins Abseits".

Kritik an TU Wien "reiner Populismus"

Die Uni Klagenfurt warb bereits um zusätzliche Studenten. Der Dekan der dortigen Technischen Fakultät, Gerhard Friedrich, lud Interessierte in einer Aussendung ein, "über den Wiener Tellerrand zu blicken und damit in den Genuss der Vorzüge der Studienstandorte in den Bundesländern zu kommen". Das Problem sieht er in der "Konzentration auf die Studienrichtungen, die in Wien angeboten werden".

Anders als Vertreter der Wirtschaftskammer, hält die Junge Industrie die Zugangsbeschränkungen für sinnvoll. Kritik an der TU Wien, weil sie eine Maßnahme nutze, die ihr die Regierung zu Recht eingeräumt habe, sei "reiner Populismus", hieß es in einer Aussendung. Gleichzeitig gelte es aber auch, die Mint-Fächer an Unis und FHs zu fördern. (red, APA, 12.8.2016)