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Wien/Ankara – Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) hat bekräftigt, dass die EU die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei abbrechen sollte. Es gehe um eine Grundsatzdiskussion, sagte der Kanzler am Mittwoch im Ö1-"Mittagsjournal". Sollte die Türkei aber die Todesstrafe wiedereinführen, wie es der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan nach dem missglückten Militärputsch Mitte Juli in den Raum gestellt hatte, sei das Thema ohnehin bald vom Tisch. Dies sei für alle EU-Staaten inakzeptabel.

"Wir können nicht jemanden akzeptieren, der demokratische Standards nicht einhält oder rechtsstaatliche Notwendigkeiten ignoriert", umriss Kern seine Haltung bezüglich der Türkei. Ein Nein zu den Beitrittsverhandlungen schließe einen "gemeinsamen Weg" aber nicht aus, meinte der Kanzler, der innerhalb der EU nun Verbündete für seine Linie finden will. "Die Türkei ist ein wichtiger Partner", etwa in Sicherheitsfragen. Er plädiere dafür, das Verhältnis "neu zu ordnen."

Keine innenpolitische Strategie

Dass er mit seiner Linie in Wahrheit innenpolitische Ziele verfolge und der FPÖ den Wind aus den Segeln nehmen wolle, wies Kern zurück. "Das ist keine Strategie." Vielmehr gehe es um ein "Verständnis von Rechtsstaatlichkeit".

Auf verbale Attacken eines Erdoğan-Beraters, der in Richtung Kern "Verpiss dich, Ungläubiger!" getwittert hatte, wolle er nicht reagieren, erklärte der SPÖ-Politiker. "Man muss nicht jede Bemerkung ernst nehmen, sondern die Emotionen im Zaum halten. Wer mich beleidigen kann, bestimme ich noch selbst." Bedenklich sei im Zusammenhang mit dem Zitat freilich die "Politisierung des Islams": "Nicht nur in der Türkei." (APA, 10.8.2016)