Wirklich einladend wirkt das Brasilienhaus von außen nicht. Ein Besuch lohnt sich aber allemal – vor allem, wenn es schön ist (netter Gastgarten).

Foto: Alex Stranig

Pudim de leite (3,20 Euro), den brasilianischen Karamellpudding, gibt es immer im Brasilienhaus.

Foto: Alex Stranig

Was isst man eigentlich in Brasilien? Angesichts der olympischen Sommerspiele, die heuer in Rio stattgefunden haben, stellt man sich auch diese Frage. Wenig später wird einem klar, dass das Angebot an brasilianischen Restaurants in Wien nahezu nicht existent ist. Das wahrscheinlich bekannteste Lokal, die Churrascaria in der Schellinggasse, musste vor kurzem unerwartet schließen und sucht gerade nach einem neuen Standort.

Umso überraschender war es, als plötzlich in Alt-Ottakring, unweit des Wilhelminenbergs ein neues Lokal eröffnete – das Brasilienhaus. Wer diese Immobilie in der Wilhelminenstraße kennt, weiß, dass die Restaurants hier (fast schon Pop-Up-artig) kommen und gehen. Zuvor hat es ein Vietnamese mit ausgezeichneter Küche aber wenig Gespür für Ambiente und Betriebswirtschaft versucht. Die Freude war also groß, als im Sommer wochenlang umgebaut und die Werbetafel an der Fassade montiert wurde. Beim Betreten des Lokals dann die Ernüchterung: Die gleiche altmodische Holzdecke, auf der die gleichen billigen Papier-Lampions hängen. Auch den alten Terrazzo-Fliesenboden hat man in seiner Ursprünglichkeit erhalten. Einzig die Möbel wurden ausgetauscht und so thronen jetzt imposante Glastische neben mit Hussen überzogenen Stühlen in dem Lokal. Ob auf dem Flügel, der inmitten der Stilmix-Hölle steht, Samba-Töne gespielt werden? An diesem Tag dient er jedenfalls als Speisenablage.

Die inneren Werte

Würde man sich von Oberflächlichkeiten leiten lassen, man verließe das Lokal in der Sekunde wieder. Doch die überschwängliche Herzlichkeit der freundlich-chaotisch wirkenden Betreiberin, Janete Abrao, lädt zum Bleiben ein. Die Brasilianerin, die zuvor einige Zeit in Vorarlberg lebte, hat sich hier den Traum vom eigenen Restaurant erfüllt, wie sie selbst sagt. Die junge Dame, die ihr die Registrierkasse erklären sollte, wird vertröstet. Schließlich müsse sie jetzt kochen. Und so geht es wenig später (nachdem sie mit dem Schnitzelklopfer das Eis für den Caipirinha zerschlagen hat) mit Schürze und weißem Kopftuch (wegen der Hygiene warats) in die Küche.

Feijoada bekommt man heute nicht, die gibt es nur an kühleren Tagen. Dafür kredenzt Abrao Churrasquinho bzw. Churrasco. Das Rindfleisch, das normalerweise meistens am Spieß serviert wird, brät sie in der Pfanne mit Zwiebel an. Obwohl sie es mit der Menge des Rotweins (zum Ablöschen) etwas gut gemeint hat, schmeckt das Gericht köstlich. Als Beilage gibt es frittierte Maniokwurzel, die eine willkommene Abwechslung zu Wedges und Co sind.

Zu Churrasquinho (10,50 Euro) gibt es frittierte Maniokwurzel.
Foto: Alex Stranig

Pastel, eine Art brasilianische Frühlingsrolle, gibt es mit drei unterschiedlichen Füllungen: Rindfleisch, Gemüse und Käse. Herrlich frisch schmeckt vor allem die selbst gemachte Salsa, die als Beilage serviert wird.

Pastel (7,50 Euro) wird mit drei verschiedenen Füllungen und frischer Salsa serviert.
Foto: Alex Stranig

Schnell wird klar, dass es sich hier um eine One-Woman-Show handelt und dass die Betreiberin ihre Leidenschaft, das Kochen, voll auslebt. Man fühlt sich weniger wie in einem Restaurant, sondern mehr wie zu Gast bei einer brasilianischen Familie, die in diesem Fall aus einer Frau besteht. Sieht man über die Einrichtung und die etwas chaotische Art der Chefin hinweg, genießt man hier die authentische und frische Küche Brasiliens. Wie den Pudim de leite, den es zum Abschluss mit selbst gemachter Karamellsauce gibt. Die Speisekarte wechselt regelmäßig und so gibt es, wenn man Glück hat, auch Couxinhas de galinga oder Asinhas de frango. Oft sind es eben doch die inneren Werte, die zählen. (Alex Stranig, 23.8.2016)