Rio – Der Hauch der Geschichte ließ die sonst so ruhige Rechte von Xuan Vinh Hoang leicht erzittern. Der 41-Jährige war im Finale der Luftpistolenschützen von Beginn an und bis zum vorletzten Schuss in Führung gelegen. Dann zog jedoch der Brasilianer Felipe Almeida Wu, den leichten Wackler Hoangs nutzend, am Mann aus Hanoi vorbei.

Aber der ließ sich weder vom kaum noch zu haltenden Publikum, noch von der nur mühsam gezügelten Fröhlichkeit seines 24-jährigen Kontrahenten entscheidend irritieren. Mit einem der besten seiner 20 Finalschüsse sicherte Xuan Vinh Hoang seinem Heimatland Vietnam die allererste olympische Goldmedaille.

Kurze Olympia-Geschichte

Zugegeben, die einschlägige Geschichte der Sozialistischen Republik Vietnam ist vergleichsweise kurz. Seit 1979 gehört das drei Jahre zuvor wiedervereinigte Land zur olympischen Familie, erst zum neunten Mal schmücken gesamtvietnamesische Sportler die Sommerspiele.

Im Winter war noch nie ein Vietnamese dabei, das soll sich allerdings in zwei Jahren ändern, wenn in Pyeongchang, Südkorea, gesportelt wird. Zwischen 1952 und 1972 war Südvietnam bei sechs Sommerspielen vertreten gewesen – weitgehend erfolglos.

Bisher zwei Silberne

Vietnams Medaillenausbeute ist für ein Land mit mehr als 93 Millionen Einwohnern ziemlich bescheiden. Vor dem von Hoang selbst mit großer Zurückhaltung bejubelten Schützentriumph gab es zwei Silberne. 2000 und in Sydney durch die Taekwondo-Kämpferin Tran Hieu Ngan in der Klasse bis 57 Kilogramm sowie 2008 in Peking durch den ebenfalls leichtgewichtigen Stemmer Anh Tuan Hoang in der Klasse bis 56 Kilogramm. Dieser entwertete allerdings seinen Erfolg später durch ein mit zweijähriger Sperre geahndetes Dopingvergehen.

Xuan Vinh Hoang hatte bereits 2012 olympisch geschossen – mit überschaubarem Glück. Mit der Luftpistole verfehlte er in London den Finaleinzug um einen Punkt und wurde Neunter, mit der freien Pistole zielte er nur um einen Zehntelpunkt an der Bronzemedaille vorbei. Er wurde Vierter.

Nicht nur Fußball

Xuan Vinh Hoang ist verheiratet und Angehöriger der Streitkräfte seines Landes, also gleichsam ein Staatsprofi. Insgesamt bemüht sich Vietnam um mehr Präsenz über den Lieblingssport der Massen hinaus. Der heißt Fußball, in Alfred Riedl war sogar ein Österreicher zwischen 2003 und Ende 2007 mit kurzen Unterbrechungen Trainer des Nationalteams.

Das bisher größte Sportevent, das in Vietnam gastierte, waren 2009 die asiatischen Indoor-Games in Hanoi und Ho Chi Minh Stadt. Der nunmehrige Olympionike Xuan Vinh Hoang war nicht dabei, aus diesem Anlass wurde nicht geschossen. (Sigi Lützow, 7.8.2016)