Karmasin: "Der Westen hat eine andere Historie als etwa Wien."

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Kinderbetreuung in den Ferien ist für viele Eltern in Österreich immer noch ein schwieriges Unterfangen. Einen Rechtsanspruch auf außerhäusliche Kinderbetreuung, wie es ihn in Schweden gibt, kann sich Familienministerin Sophie Karmasin frühestens ab 2018 vorstellen. Denn bislang, sagt sie im STANDARD-Interview, sei Österreich dafür noch nicht gut genug ausgestattet.

STANDARD: Kinderbetreuung in den Ferien stellt Eltern in Österreich weiterhin vor organisatorische Herausforderungen – etwa wegen der zahlreichen Juli- und August-Schließtage in Kindergärten, vor allem im Westen. Warum ändert sich das nur so langsam?

Karmasin: Weil der Westen, was außerhäusliche Kinderbetreuung angeht, eine andere Historie hat als etwa Wien. Aber auch Vorarlberg und Tirol verbessern sich. Oft ist es dort aber Wunsch der Eltern, die Kinder in der Ferien daheim zu lassen – was ich gar nicht bewerten will. Oder Eltern und Großeltern wohnen nah beieinander, sodass man sich die Betreuung im Sommer teilt.

STANDARD: Hängt die nur langsame Veränderung vielleicht auch mit den stereotypen Familienbildern zusammen, die jüngst in einer Studie in Ihrem Auftrag erhoben wurden – also dass etwa Mütter, die ihr Kind daheim betreuen, den höchsten Zuspruch haben?

Karmasin: Nein, da sehe ich keinen Zusammenhang. Ich denke, dass berufstätige Eltern pragmatisch sind und wissen, dass es außerhäusliche Angebote braucht – wenngleich sie sich persönlich vielleicht wünschen würden, dass noch eine Großfamilie besteht. Sozusagen als Idealvorstellung.

STANDARD: Wäre das Kindergarten-Schließtage-Problem durch einen Rechtsanspruch auf außerhäusliche Kinderbetreuung, wie etwa in Schweden, lösbar?

Karmasin: Dazu sind wir in Österreich noch nicht gut genug ausgestattet – etwa, was Betreuung für Null- bis Dreijährige angeht. Solange wir hier keine zufriedenstellende Situation haben, geht das nicht. Wenn der Ausbau mittels der dafür zur Verfügung gestellten 305 Millionen Euro wie bisher weitergeht, können wir frühestens ab 2018 über einen Rechtsanspruch nachdenken.

STANDARD: Wie sollte so ein Rechtsanspruch gestaltet sein?

Karmasin: Man muss sich gut überlegen, für welche Kinder ab welchem Alter und in welchem Umfang das sinnvoll ist.

STANDARD: Die Schulferien sind neun Wochen lang, weil die Kinder früher bei der Ernte helfen mussten. Warum hält sich so ein für Familien mit berufstätigen Eltern unpassendes Modell bis heute?

Karmasin: Da geht es viel um Gewohnheit, und es steht der ländliche gegen den urbanen Raum: Wien gegen Vorarlberg, könnte man sagen. Ein Kompromiss fällt da schwer. Ich werde das Thema bei der zuständigen Bildungsministerin zur Sprache bringen. (Irene Brickner, 8.8.2016)