Brasília – Das größte Infrastrukturprojekt Brasiliens, ein gigantisches Wasserkraftwerk im Herzen des Amazonasgebiets, darf nicht verwirklicht werden. Die brasilianische Umweltbehörde Ibama gab am Donnerstag bekannt, dass sie die Umweltlizenz für den Bau am Tapajós-Fluss im Teilstaat Pará nicht erteilen wird. Der indigene Stamm der Munduruku und Greenpeace-Aktivisten hatten gemeinsam gegen das von der Regierung geplante Projekt mobilgemacht.
Wasserbecken, doppelt so groß wie Wien
Geplant war dort ein Megastaudamm über 7,6 Kilometer Länge, das Wasserkraftwerk sollte mehr als 8000 Megawatt Leistung bringen, das entspricht jener von sechs Atomkraftwerken. Es hätte mit einem Wasserbecken, das fast doppelt so groß wie Wien gewesen wäre, die Lebensgrundlagen der Munduruku zerstören können. Zudem drohten etwa 2.600 Quadratkilometer Regenwald durch direkte und indirekte Waldrodungen verlorenzugehen.
Der geplante Staudamm São Luiz do Tapajós markiere einen der neuen Konflikte über die Zukunft des Amazonas-Regenwalds, kritisierte Greenpeace. Statt auf Wind und Sonne als Energiequelle zu setzen, baue die Regierung in einer der artenreichsten Gegenden der Welt die Wasserkraft weiter aus – der Anteil am Energiemix liegt heute schon bei rund 70 Prozent. Es hatte auch Proteste gegen den Siemens-Konzern gegeben, der die Turbinen liefern sollte.
Greenpeace begrüßt Aus
Greenpeace begrüßt in einer Aussendung das Aus für den umstrittenen Megastaudamm. Diese Entscheidung folge einer monatelangen Greenpeace-Kampagne gegen den Bau des Staudamms. "Das ist ein großer Erfolg für alle, die sich für den Erhalt des kostbaren Regenwalds einsetzen", so Lukas Meus, Amazonas-Sprecher bei Greenpeace in Österreich. 1,2 Millionen Menschen weltweit haben die Petition der Umweltschutzorganisation zum Schutz des Amazonas unterzeichnet.
Europäische Konzerne wie die österreichische Andritz AG und die deutsche Siemens, die derartige Staudämme mit Turbinen und Generatoren beliefern können, fordert Greenpeace in der Aussendung dazu auf, sich generell von solchen Projekten zu distanzieren.
Belo Monte im Probebetrieb
Es könnte sich dennoch nur um einen vorläufigen Erfolg handeln. Denn das noch größer dimensionierte Staudammprojekt Belo Monte läuft seit Frühjahr im Probebetrieb. Auch in diesem Fall hatte die brasilianische Umweltbehörde einen Baustopp ausgesprochen. Die Regierung zog daraufhin vor Gericht und erreichte eine Aufhebung des behördlichen Bescheids. (red, APA, 5.8.2016)