Benjamin Netanjahu und Barack Obama: Der israelische Premier war so verärgert über die Iran-Diplomatie des US-Präsidenten, dass er den von Obama vorgeschlagenen Verhandlungsstart hinauszögerte. Nun muss Israel Abstriche machen – bekommt aber so viel wie noch nie.

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Washington/Jerusalem/Wien – Die USA und Israel sollen kurz vor dem Abschluss eines neuen Militärhilfepakets stehen: Bei der am Montag aufgenommenen Verhandlungsrunde im Weißen Haus sei man über Nacht entscheidend weitergekommen, hieß es Donnerstagfrüh aus Washington. Damit könnte doch noch gut werden, was so lange währte, dass es zum Symbol für die schwierigen Beziehungen zwischen der israelischen und der US-Regierung beziehungsweise zwischen Premier Benjamin Netanjahu und Präsident Barack Obama wurde.

Die Verhandlungen hatten vergangenen Herbst, später als von den USA vorgeschlagen, begonnen. Über den Atomdeal mit dem Iran verstimmt, hatte Netanjahu Obama zuerst die kalte Schulter gezeigt und laut Medienberichten später sogar durchblicken lassen, auf den nächsten amerikanischen Präsidenten warten zu wollen: eine Desavouierung Obamas und seines Versprechens, parallel zum Atomdeal mehr für Israels Sicherheit tun zu wollen.

Nun könnte das laut "Washington Post" "größte je abgeschlossene US-Militärhilfepaket" aber doch noch zum Vermächtnis Obamas werden. Das aktuelle Abkommen von 2007 läuft 2018 aus, unter ihm bekommt Israel durchschnittlich drei Milliarden Dollar (umgerechnet 2,69 Milliarden Euro) jährlich. Ein wesentlicher Unterschied zu anderen Militärhilfepaketen der USA war bisher, dass Israel bis zu 26,3 Prozent der Mittel bei der eigenen israelischen Rüstungsindustrie und weiter 400 Millionen Dollar für Treibstoffkäufe ausgeben konnte. Das wollten die USA nicht mehr konzedieren, und Israel wollte es nicht aufgeben. Man dürfte sich nun auf einen Kompromiss geeinigt haben: ein graduelles Auslaufen in der zweiten Hälfte des wieder auf zehn Jahre anberaumten Abkommens.

Kein Vierer vorn

Auch was die Höhe der Hilfe anbelangt, musste Netanjahu Konzessionen machen. Er wollte ursprünglich unbedingt 4 vorn stehen haben, heißt es, seine Vorstellungen wurden mit bis zu 46 Milliarden (41,29 Milliarden Euro) in zehn Jahren beziffert. Laut der israelischen Tageszeitung "Haaretz" sind die USA nun zu 3,4 Milliarden jährlich bereit, zuzüglich 500 Millionen für die Entwicklung der israelischen Raketenabwehrsysteme. Das macht 3,9 Milliarden Dollar (laut anderen Quellen sind es nur 3,5 bis 3,7).

Für eine Erhöhung der Raketenschirmbeihilfe müsse Israel auch zusagen, dass es nicht probieren wird, sich beim US-Kongress dafür Extrageld zu holen, schreibt Barak Ravid in "Haaretz". Netanjahus wiederholte Versuche am Weißen Haus vorbei zu agieren und den Kongress für seine Zwecke zu mobilisieren – etwa auch für die Verhinderung des Atomdeals mit dem Iran –, waren für Obama ein stetes Ärgernis. Im April, in die Verhandlungen hinein, unterschrieben 83 Senatoren etwa auch einen Aufruf, die israelische Militärhilfe zu erhöhen.

Das israelische Privileg, mit einem Teil der US-Gelder israelische Waffen zu kaufen, gewährte Washington in den 1980er-Jahren, um der israelischen Rüstungsindustrie auf die Beine zu helfen. Von dort kommen nun Warnungen, dass es zu Entlassungen kommen werde. (Gudrun Harrer, 4.8.2016)