Österreichs Haushalte geben für Erhalt und Anschaffung ihrer Autos ungefähr so viel aus wie für Nahrungsmittel.

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Wien – Österreich ist nicht nur ein Land der Berge und der Dome, Österreich ist auch ein Land der Autofahrer. 547 Pkws je 1000 Einwohner bevölkern hierzulande die Straßen. Mehr als die Schweiz mit 543 zu bieten hat. Und selbst Deutschland – nicht nur ein Land der Autofahrer, sondern auch der Autobauer – übertrifft Österreich damit, zumindest gemessen an Blech auf Beton. Der Motorisierungsgrad in Österreich ist aber nicht nur einer der höchsten im europäischen Vergleich, sondern auch einer der jüngsten Europas – mit einem Fahrzeugflottendurchschnittsalter von 7,9 Jahren pro Pkw. In Deutschland liegt das Durchschnittsalter bei neun Jahren.

Für die Autobranche hat das unterschiedliche Folgen. Zulassungsrekorde werden immer unwahrscheinlicher. "Der gesamte Pkw-Bestand in Österreich wird weiter wachsen, nicht zuletzt aufgrund der in den nächsten Jahren noch rasch steigenden Bevölkerungszahlen und der unverändert hohen Bedeutung des Autos im Alltag der Österreicher", analysiert Bank-Austria-Ökonom Günter Wolf in einer aktuellen Branchenanalyse. Die Wachstumsraten bleiben nach seiner Einschätzung unter jenen der vergangenen fünfzehn Jahre, als die Zahl um durchschnittlich 1,1 Prozent jährlich wuchs. Im Vergleich dazu ist der Bestand in den 1980er- und 1990er-Jahren um mehr als drei Prozent jährlich gestiegen.

Handel auf Erholungskurs

Österreichs Fahrzeughandel erholt sich dennoch 2015 und 2016 nach drei negativen Wirtschaftsjahren. Im Vorjahr ist der Spartenumsatz ohne die Werkstätten und den Zubehörhandel um 3,2 Prozent nominell auf 26,1 Milliarden Euro gestiegen. Die Werkstattumsätze legten nur um 0,3 Prozent nominell zu. Anfang 2016 haben sich die Zuwächse beider Sparten beschleunigt, wobei der Autohandel bis April sogar ein Umsatzplus von acht Prozent nominell erzielte.

Geht es nach Wolf, hält der frische Wind zumindest bis zum Herbst. Immerhin sei das Geschäftsvertrauen der Autohändler im ersten Halbjahr fast kontinuierlich gestiegen. Das hat wiederum mit besser gelaunten Konsumenten zu tun. Dank Steuerreform und günstigen Finanzierungsbedingungen kaufen selbst die gesättigten Österreicher Pkws. Bis Juni 2016 legten die Erstzulassungen um 6,3 Prozent und die Gebrauchtwagenummeldungen um vier Prozent zu.

Die Ertragslage der Autohändler hat sich allerdings in den vergangenen Jahren sukzessive verschlechtert, wie der Rückgang der Umsatzrentabilität der Unternehmen im Sample der KMU Forschung Austria von durchschnittlich 1,7 Prozent 2011 auf ein Prozent 2015 zeigt. Verantwortlich dafür waren in erster Linie die rückläufigen Absatz- und Umsatzzahlen, die den Konkurrenz- und Preisdruck verschärften und in weiterer Folge die Händlermargen vor allem im Neuwagensegment unter Druck brachten.

Autokauf günstiger

Des Handels Leid, ist des Konsumenten Freud: Die hohe Zahl an Demofahrzeugen und Jungwagen, die unter dem Listenpreis an Private verkauft werden, bremsen einerseits die Erträge des Autohandels, machen aber andererseits den Autokauf für Konsumenten günstiger. In den letzten zehn Jahren sind die Kosten für den Kauf von neuen und gebrauchten Pkws von privaten Haushalte, trotz des Trends zu stärker motorisierten, vielfach teureren Fahrzeugen, sogar um 0,4 Prozent gesunken. Teuer wurden hingegen Instandhaltungs- und Reparaturleistungen, die seit 2005 um 42 Prozent teurer wurden.

Die Treibstoffpreise sind um 19 Prozent gestiegen und die Autokosten insgesamt um 14 Prozent. Für die Anschaffung und den Betrieb privater Verkehrsmittel verwendeten Österreichs Haushalte 2015 etwa zehn Prozent ihrer Konsumbudgets beziehungsweise 5,6 Milliarden Euro für die Anschaffung und 11,4 Milliarden Euro für den Erhalt und Betrieb der Fahrzeuge – annähernd so viel wie für die Anschaffung von Nahrungsmittel und Getränken. (red, 2.8.2016)