Die Wirtschaftskammern in Tirol und Oberösterreich rufen ihre Mitglieder auf, arbeitsunwillige Bewerber zu melden. "Offensichtlich gibt es viele, die sich nur den Stempel abholen wollen", begründete Tirols WK-Direktor Thomas Köhle den Vorstoß. Man wolle "die Leistungsbereiten schützen und Missbrauch eindämmen", legt Oberösterreich-Kollege Walter Bremberger nach.

Der an sich guten Sache erweisen die Kämmerer mit ihren Argumenten einen schlechten Dienst. Gegen die Idee, das Arbeitsmarktservice auf Motivationsbedürftige hinzuweisen, ist nichts einzuwenden. Im Gegenteil: Jeder Austausch kann die herausfordernde Lage nur verbessern.

Ungut ist der geäußerte Generalverdacht. Jener, dass Arbeitslose es sich gerne in der vielbemühten sozialen Hängematte gemütlich machen. Das ist Unfug. Das Arbeitslosengeld wurde im Vorjahr 102.431-mal gesperrt, gegenüber dem Jahr davor war das ein Zuwachs von 1,2 Prozent. In Relation zu der in diesem Zeitraum um 3,1 Prozent gestiegenen Arbeitslosigkeit ist der Zuwachs also gering.

Bei gut der Hälfte der Arbeitslosen wurde die Leistung vorübergehend ausgesetzt, weil sie zu einem Kontrolltermin beim Arbeitsmarktservice nicht erschienen. Wegen Arbeitsunwilligkeit wurde das Geld 225-mal gestrichen – angesichts der Rekordarbeitslosigkeit vernachlässigbar. Dass just die Wirtschaftsvertreterseite eine Neiddebatte auf dem Rücken der Schwachen anzettelt, ist entbehrlich. (Regina Bruckner, 1.8.2016)