Sanaa/Kairo – Als "Erneuerung ihres Putsches" hat die international anerkannte jemenitische Regierung die einseitige Ankündigung der schiitischen Rebellen und von Ex-Präsident Ali Abdallah Saleh gewertet, das Land künftig mit einem zehnköpfigen "Obersten Rat" regieren zu wollen. Nur Stunden später erklärte am Donnerstagabend Präsident Abed Rabbo Mansour Hadi, der im Exil in Riad lebt, die Rebellen hätten damit den Gesprächen in Kuwait den Todesstoß versetzt.

Unter Vermittlung des UN-Gesandten Ismail Ould Sheikh Ahmed hatten beide Seiten versucht, den Konflikt, der vor zwei Jahren militärisch eskaliert war, am Verhandlungstisch zu beenden. Man war sich in dieser Zeit aber nicht einmal über die Prioritäten einig geworden. Die Hadi-Delegation verlangte, dass die UN-Resolution 2216 umgesetzt wird: Sie verlangt von den Huthi-Kräften und den verbündeten Saleh-Verbänden, dass sie die seit 2014 eroberten Gebiete, darunter die Hauptstadt Sanaa, räumen und die schweren Waffen zurückgeben.

Die Huthis ihrerseits fordern zuerst die Bildung einer Regierung der Nationalen Einheit, um die Umsetzung der Resolution zu überwachen. Am 21. Juli hatte Kuwait den Gesprächspartnern bereits ein Ultimatum von zwei Wochen gesetzt, um zu einer Lösung zu kommen. Stillstand herrscht nicht nur am grünen Tisch, sondern ebenso auf den Kriegsschauplätzen im ärmsten arabischen Land. Die seit 16 Monaten dauernden Bombenangriffe unter saudischer Führung haben tausende Tote und Verletzte sowie unermessliche materielle Schäden an Häusern und Infrastruktur gefordert. Aber die Huthis und ihre Verbündeten halten weiterhin große Teile des Landes, Sanaa und andere städtische Zentren besetzt.

Chaos-Profiteure

Die stärksten Militärverbände stehen weiterhin loyal zu Ex-Präsident Saleh. Seine Anhänger verfügen über die größte Expertise in der Verwaltung. Eine Rückkehr der ins saudische Exil verjagten Regierung in die südliche Metropole Aden ist ebenfalls an der stets prekären Sicherheitslage gescheitert.

Der Konflikt zwischen den schiitischen Houthis und der Hadi-Regierung ist nicht nur einer von mehreren Stellvertreterkriegen zwischen Saudi-Arabien und dem Iran in der Region, er ist auch nur eine Facette von Problemen, die sich an der Südspitze des arabischen Halbinsel über Jahrzehnte aufgestaut haben. Im Süden des Landes gewinnt die Autonomiebewegung, die wieder einen eigenen Staat wie vor 1994 anstrebt, an Stärke. Von dem allgemeinen Chaos und dem Machtvakuum profitiert insbesondere al-Qaida, die in der Umgebung der Hafenstadt Mukalla das von ihr kontrollierte Territorium stetig ausweitet. In den letzten Monaten hat zudem IS mit mehreren Selbstmordanschlägen ihre Präsenz in Aden markiert. Ein starker internationaler Druck auf alle Seiten, ist aber bis jetzt ausgeblieben, deshalb zeichnet sich weder ein Durchbruch am Verhandlungstisch noch ein Ende der militärischen Auseinandersetzung ab. (Astrid Frefel, 29.7.2016)