Krumbachs Bürgermeister Arnold Hirschbühl setzt auf neue Architektur und die Öffis.

Foto: Markus Mosman

Mehr Skulptur als Wartehäuschen ist das Objekt von Sou Fujimoto aus Japan.

Foto: Markus Mosman

Krumbach – Arnold Hirschbühl und Krumbach, das ist große Leidenschaft. Am liebsten würde der Bürgermeister Besuchern jeden Winkel zeigen, voll Stolz und Wertschätzung all die Zeugnisse moderner Architektur referieren. Die Entwicklung des ländlichen Raumes ist für den früheren Bauer nicht Schlagwort, sondern Politik prägendes Anliegen. In den 21 Jahren als Bürgermeister hat der 61-Jährige gemeinsam mit den Krumbachern dem Dorf ein neues Gesicht gegeben. Bürgerinnen und Bürger nicht zu beteiligen, hält Hirschbühl für "eine wirklich große Dummheit".

Wenn heute sieben Buswartehäuschen, geplant von internationalen Architekten, die Krumbacher Straßen säumen, dann hat das eine lange Vorgeschichte des Bauens und Wohnens, des Überzeugens und Umdenkens in der 1.000-Menschen-Kommune. Drei Architekten, Hermann Kaufmann, René Bechter und Bernardo Bader prägen als Ausführende oder Beratende das Ortsbild.

Der vorherrschende Baustoff ist Holz, im Ortskern wird verdichtet gebaut. Völlig verantwortungslos sei man über Jahrzehnte mit Grund und Boden umgegangen, sagt der Bürgermeister. Das Resultat: "Einfamilienhäuser, in denen oft nur eine Person oder zwei Personen leben, die im Alter vollkommen überfordert sind."

Sozialer Wohnbau im ländlichen Raum

Als Alternative zum einsamen Wohnen wurden in den letzten Jahren 50 Wohnungen gebaut, die Hälfte davon gemeinnützig. "Wir sind damit Vorreiter beim sozialen Wohnbau im ländlichen Raum", sagt Hirschbühl nicht ohne Stolz. Die Gemeinde betreibt aktive Bodenpolitik, kauft selbst Grundstücke oder vermittelt zwischen Bauträgern und Grundbesitzern.

Am Anfang stand ein Leitbild zur Dorfentwicklung, "erarbeitet mit vielen engagierten Menschen", erzählt Hirschbühl. "Wir beziehen seither die Leute bei jedem Projekt mit ein." Wichtig sei dabei aber klar zu definieren, "wo die Beteiligung beginnt und wo sie endet, wann die politisch Verantwortlichen entscheiden. Wir wollen ja nicht nur diskutieren." Die neue Baukultur sei nicht kritiklos aufgenommen worden, räumt Hirschbühl ein. "Dass die Gemeinde mit gutem Beispiel vorangeht, hat aber überzeugt."

Warten im Kunstobjekt

Mit den Bushäuschen, mehr Kunstobjekte denn Nutzbauten, hatten nicht alle Freude. Aber nun, da sie mehrfach ausgezeichnet und zur Touristenattraktion wurden, "sind auch die Kritiker still stolz", schmunzelt der Bürgermeister. Das Projekt "Bus:Stop" sieht Hirschbühl auch als Zeichen der Wertschätzung für den öffentlichen Personennahverkehr. Ihren gelben Wälderbus lassen sich die Gemeinden der Region Bregenzerwald 52 Euro pro Einwohner kosten. "Damit finanzieren wir die Erreichbarkeit jeder Gemeinde im Stundentakt." Der Erfolg: "Auch Pendler steigen auf den Bus um."

Politische Parteien braucht man in Krumbach nicht. Man wählt nach Mehrheitswahlrecht. Jeder und jede kann für ein Mandat vorgeschlagen werden, die Liste zur Gemeinderatswahl entsteht bei einer Vorwahl. "Bei jeder Wahl wird fast die Hälfte der Gemeindevertreter ausgewechselt. Das bedeutet zwar eine hohe Fluktuation, aber das Verständnis für die Gemeindepolitik steigt, weil viele schon selbst Mandatare waren", erklärt Hirschbühl die Vorzüge. Und: "Das System bietet den Jungen und den Frauen bessere Chancen als Parteilisten." (Jutta Berger, 29.7.2016)