Am dritten Abend des demokratischen Parteitags in Philadelphia dämmerte es wohl so manchem: Wer auch immer Barack Obama als 45. Präsident nachfolgt, tritt in die großen Fußstapfen eines brillanten Redners. Der Wunsch war Vater des Gedankens bei jenen im Publikum, die "noch vier Jahre" Amtszeit für Obama verlangten.

Obama holte Mittwochabend in seiner 45-minütigen Rede weit aus und erinnerte an seinen ersten Auftritt auf dem Parteitag im Jahr 2004, bei dem er erstmals ins Scheinwerferlicht rückte. Er sprach über die Erfolge seiner achtjährigen Amtszeit, die von Obamacare und Wirtschaftsaufschwung bis zur Ehe für alle und dem Iran-Deal reichen. Er sprach über die Enttäuschungen und darüber, was ihn davon abhielt aufzugeben: der Brief eines Krebskranken, der alle Hoffnungen in die Reform des Gesundheitssystems setzte, die Zeichnung eines jungen Mädchens, das zu den Todesopfern von Newtown zählte, der Kleinunternehmer, der auf sein eigenes Gehalt verzichtete, um niemanden feuern zu müssen.

"Ihr alle wart es – the American people", sagte ein nostalgischer Obama und richtete gleichzeitig eine Bitte an den Saal: "Tragt Hillary so, wie ihr mich getragen habt." Das Publikum reagierte mit Euphorie, die es bisher auf dem Parteitag vermissen ließ.

"Optimistischer als je zuvor"

Auch wenn es nach wie vor viel zu tun gebe, sei er optimistischer als je zuvor über die Zukunft des Landes, verkündete Obama. Vier Jahre lang habe er selbst aus erster Reihe Clintons Intelligenz, ihre Disziplin und ihr Urteilsvermögen bewundern dürfen. Obamas Urteil: "Hillary ist nicht auf Lob und Aufmerksamkeit aus. Sie hat nie vergessen, für wen sie kämpft."

Auf das Präsidentenamt könne man sich zwar niemals vorbereiten, ließ Obama wissen. Doch alles spreche für Clinton: "Sie war im selben Raum mit mir. Sie weiß, was auf dem Spiel steht für die Menschen in diesem Land. Und es hat noch nie jemanden gegeben, der besser qualifiziert war, das Präsidentenamt zu übernehmen." Vizekandidat Tim Kaine werde Hillary – so wie Joe Biden ihn – zu einer noch besseren Präsidentin machen.

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Trump komme mit Fakten nicht zurecht

Als Obama auf Donald Trump zu sprechen kam, den er als jemanden charakterisierte, der keinen Plan habe und mit Fakten nicht zurechtkomme, bedachte er die Buhrufer im Saal mit dem Ratschlag: "Don't boo, vote!" Er selbst konnte sich das Lachen fast nicht verkneifen, als er in den Saal fragte: "Glaubt eigentlich irgendjemand, dass jemand, der seit 70 Jahren auf diesem Planeten nichts für die Arbeiterklasse übrig hat, plötzlich deren Held ist?" Trump setze darauf, mit Slogans und Angst die Wahl zu gewinnen. "Diese Wette wird er verlieren", prognostizierte Obama. "Unsere Stärke rührt nicht von einem selbsterklärten Retter her, der glaubt, nur er könne die Ordnung wiederherstellen. Wir wollen nicht, dass jemand über uns herrscht."

Amerikas Stärke liege in der Unabhängigkeitserklärung von 1776 begründet, die in Philadelphia unterzeichnet wurde. "Wir haben die Fähigkeit, unser Schicksal selbst in die Hand zu nehmen", sagte der Präsident und packte noch einmal seinen eigenen Wahlkampfslogan aus: "Yes, we can. Not he, or she."

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Obama: "Hillary ist nicht auf Lob und Aufmerksamkeit aus."
Foto: REUTERS/Mark Kauzlarich

Hillary Clinton habe verstanden, dass Demokratie unter den Umständen gegenseitiger Dämonisierung nicht funktioniere. Sie werde zuhören, für ihre Prinzipien kämpfen, aber auch die Gemeinsamkeiten in den Vordergrund stellen. "Ich bin bereit das Staffelholz zu übergeben", sagte Obama und reichte anschließend der Präsidentschaftskandidatin auf der Bühne die Hand.

Wechselwähler überzeugen

Die vorangegangenen Redner an diesem Abend versuchten vielfach, Wechselwähler zu überzeugen. Einer der wirkungsvollsten Auftritte kam vom ehemaligen New Yorker Bürgermeister Michael Bloomberg. Der Unabhängige und millionenschwere Wirtschaftsmagnat lieferte treffende Argumente, warum Trumps politische Philosophie, den Staat wie ein Unternehmen zu führen, Gefahren beinhalte: "Die teuerste Sache an Donald Trump ist seine Scheinheiligkeit." Er, Bloomberg, stimme zwar nicht in allen Dingen mit Clinton überein, aber sie habe immer die Zusammenarbeit mit den Republikanern gesucht und das Verbindende vor das Trennende gestellt.

In eine ähnliche Kerbe schlug Obamas Vizepräsident Biden: Jemand, der den Slogan "Du bist gefeuert" als Markenzeichen für sich beanspruchen könne, könne kein großes Empathievermögen haben. "Trump hat keinen Tau von der Mittelklasse, die unser Land zusammenhält. Er hat keinen Tau davon, was Amerika großartig macht. Er hat grundsätzlich keinen Tau", redete sich Biden in Rage. Noch nie habe es einen Präsidentschaftskandidaten gegeben, der so wenig Ahnung von nationaler Sicherheit gehabt habe, sagte Biden in Anspielung auf Trumps Aufruf an Russland, doch Clintons E-Mails zu hacken.

tpmtv

Clintons Vize Kaine legte eine etwas schrullige Antrittsrede hin, bei der er sich dazu hinreißen ließ, Trump zu imitieren. "Glaub mir", das begleite jeden von Trumps Sätzen. "Seine ganze Karriere schreit allerdings: lieber nicht", warnte Kaine. Clinton hingegen sei "lista", so Kaine, der fließend Spanisch spricht. Sie sei "bereit", zu kämpfen und zu gewinnen. (Teresa Eder, 28.7.2016)