Wien – Langsam, aber sicher setzt Crowdfunding auch in Österreich zu einem kleinen Höhenflug an. Allein im ersten Halbjahr konnten die zehn heimischen Plattformen für Schwarmfinanzierungen laut dem Fachverband Finanzdienstleister der Wirtschaftskammer insgesamt 13,5 Millionen Euro Kapital an Land ziehen, das sind bereits um 55 Prozent mehr als im gesamten Jahr 2015. Deutlich zugenommen hat auch das durchschnittliche Finanzierungsvolumen, das von knapp 190.000 Euro im Vorjahr auf annähernd 400.000 Euro seit Jahresbeginn angewachsen ist.
Jedoch hinkt der zeitliche Vergleich in diesem Fall, da das Alternativfinanzierungsgesetz, rechtliche Basis für Crowdfunding, erst im September des Vorjahrs in Kraft getreten ist. Dadurch wurden größere Finanzierungen bis zu fünf Millionen Euro ohne unverhältnismäßigen Aufwand wie die Erstellung eines vollständigen Kapitalmarktprospekts überhaupt erst möglich. Profitiert hat davon etwa Fußballrekordmeister Rapid, der sich von knapp 1500 Fans rund drei Millionen Euro für den Stadionneubau holte.
Unternehmen auf der Bremse
Zurückhaltend bis skeptisch stehen jedoch die Unternehmen dieser noch recht jungen Finanzierungsquelle gegenüber. Obwohl 59 Prozent der heuer vom Kreditschützer KSV 1870 befragten Firmen die Aufnahme von Krediten als "schwierig" oder "sehr schwierig" bezeichnet, halten dennoch 85 Prozent der Unternehmen Crowdfunding derzeit nicht für ein geeignetes Finanzierungsmittel. Auf längere Sicht kann sich zumindest ein Fünftel vorstellen, künftig den Schwarm anzuzapfen, ein gutes Drittel ist unentschlossen, und 45 Prozent erteilen dieser Option auch für die Zukunft eine klare Absage.
Weniger stürmisch ist heuer das Wachstum in Deutschland ausgefallen, wo die Crowd im ersten Halbjahr insgesamt 67,6 Millionen Euro finanzierte, das ist ein Anstieg um ein Drittel gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Damit hat Österreich mit einem Crowd-fundingvolumen pro Einwohner von rund 1,55 Euro gegenüber Deutschland klar die Nase vorn, wo sich der Durchschnitt gerade einmal auf 83 Eurocent beläuft.
Weltweit enormes Wachstum
Im globalen Kontext wird im deutschsprachigen Raum jedoch noch mit Peanuts geschachert, weltweit stieg das Crowdfunding-volumen im Vorjahr um 112 Prozent auf 34,4 Milliarden US-Dollar, das entspricht 31,3 Mrd. Euro. Damit hat der Schwarm bei Risikofinanzierungen die sogenannten Business Angels, das sind wohlhabende Privatpersonen, die jungen Unternehmen mit Geld, Expertise und ihrem Netzwerk unter die Arme greifen, bereits überholt. Branchenkenner erwarten, dass heuer auch das Finanzierungsvolumen von Venture Capital Fonds übertrumpft wird.
Regional betrachtet war im Vorjahr Nordamerika mit 17,3 Milliarden Dollar klar führend in Sachen Schwarmfinanzierungen. Allerdings zeigte Asien mit mehr als einer Verdreifachung auf 10,5 Milliarden Dollar die höchste Wachstumsrate – setzt sich dies so fort, würden die Asiaten schon heuer mit den Nordamerikanern gleichziehen. Europa brachte es 2015 auf 6,5 Milliarden Dollar, wobei der Löwenanteil von 4,2 Milliarden Dollar allein in Großbritannien erlöst wurde.
Rekordhalter beim Finanzierungsvolumen eines einzelnen Projekts ist übrigens das Computerspiel Star Citizen des bekannten Entwicklers Chris Roberts. In einer seit Ende 2012 laufenden Kampagne trugen mehr als eine Million "Crowdfunder" insgesamt 117 Millionen Dollar zusammen. (Alexander Hahn, 30.7.2016)