Wien – Als in Sarajevo das große Fest für den Frieden mit über hunderttausend Teilnehmern gefeiert wurde, gab es schon die ersten Toten der Jugoslawienkriege. Der Zehntagekrieg in Slowenien war gerade vorbei, die nördlichste jugoslawische Republik hatte ihre Unabhängigkeit erklärt. Wenige Kilometer von der Grenze zu Bosnien kämpften bereits Kroaten und Serben gegeneinander.

"Es gibt noch Hoffnung, die Liebe ist die Rettung", sangen die großen Stars der jugoslawischen Pop- und Rockszene am 28. Juli 1991 in der Zetra-Halle in Sarajevo, die schon ein Jahr später und Schutt und Asche liegen sollte. Zehntausende junge Menschen aus ganz Jugoslawien sangen und jubelten in und vor der Halle.

25 Jahre später finden in der Zetra-Halle wieder Großkonzerte statt, aber die Erinnerung an die Friedensbewegung und das große Konzert "Yutel za mir" (Yutel für den Frieden) ist fast vollständig verblasst. Der Autor und Journalist Danijel Višević will diesen vernachlässigten Teil der jugoslawischen Geschichte aus der Versenkung holen und aufarbeiten.

Zufallsfund

Es war mitten in der Nacht, und Višević hatte soeben einen Roman zum Bosnienkrieg beendet. "Eigentlich hatte ich gerade mit dem Thema Balkan abgeschlossen und wollte aus Nostalgie ein wenig alten Jugo-Rock hören, als ich auf Youtube auf eine Aufnahme des Konzerts stieß. Ich schaute mir die vollen zweieinhalb Stunden an." Seit dieser Nacht ließ ihn das Thema nicht mehr los.

Višević fragte sich, wie viel von diesem Großereignis, das von Musikern und dem Infosender Yutel organisiert wurde, im kollektiven Gedächtnis hängengeblieben ist. Erwähnt wurde das Konzert in der Presse in den Jahren nach dem Krieg kaum: Die grausamen Ereignisse der Kriegsjahre haben die jugoslawische Friedensbewegung und ihre fruchtlosen Bemühungen vollkommen überschattet.

Zetra-Project

Um die Erinnerung der Organisatoren und Teilnehmer des Konzerts für die Nachwelt zu dokumentieren, hat Višević das Zetra Project ins Leben gerufen. Die Konzertbesucher von damals erzählen ihre Geschichte und ihre Erinnerungen an die Zeit, als viele noch an den Frieden glaubten, obwohl der blutige Wahnsinn schon ausgebrochen war.

Mittlerweile haben Višević und sein Team mehr als dreißig Interviews mit Zeitzeugen geführt, von denen sie alle zwei Tage eines auf ihrer Webseite veröffentlichen. "Obwohl ich nicht explizit danach frage, kommen die Menschen immer auf die Gegenwart zu sprechen. Sie wollen warnen und daran erinnern, wie schnell es wieder in Europa zu kriegerischen Auseinandersetzungen kommen kann." Einige bezeichnen die Friedensbemühungen im Nachhinein als naiv, aber alle sind stolz, ein Teil davon gewesen zu sein. (os, 27.7.2016)