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Blumen und Kerzen vor dem Olympia-Einkaufszentrum in München, wo am Freitagabend die tödlichen Schüsse fielen.

Foto: Sven Hoppe/dpa

München – Nach dem Amoklauf in München setzt nun die politische Debatte ein, wie solche Bluttaten künftig verhindert werden können. Der deutsche Innenminister Thomas de Maiziere sprach sich dafür aus, die Einsatzkonzepte der Polizei noch einmal unter die Lupe zu nehmen. "Das wird sicher jetzt noch einmal überprüft werden müssen", sagte der CDU-Politiker am Samstagabend in der ARD.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) forderte in der "Welt am Sonntag", dass "wir in extremen Situationen" wie Terroranschlägen "auch in Deutschland auf die Bundeswehr zugreifen können".

"Sorgfältig prüfen"

In den Blickpunkt rücken zudem die Waffengesetze: De Maiziere sagte der Zeitung "Bild am Sonntag", zunächst müsse ermittelt werden, wie der Amokläufer an die Tatwaffe gelangt sei. "Dann müssen wir sehr sorgfältig prüfen, ob und gegebenenfalls wo es noch gesetzlichen Handlungsbedarf gibt." Die bestehenden Waffengesetze seien bereits sehr streng, so de Maiziere. Auf europäischer Ebene sollten mit der zur Verabschiedung bevorstehenden Waffenrichtlinie weitere Fortschritte erreicht werden.

Vizekanzler Sigmar Gabriel fordert eine schärfere Waffenkontrolle. Ein labiler oder sogar psychisch kranker 18-Jähriger dürfe nicht an Schusswaffen gelangen, sagte der SPD-Vorsitzende den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. "Die Waffenkontrolle ist ein wichtiger Punkt. Wir müssen weiter alles tun, um den Zugang zu tödlichen Waffen zu begrenzen und streng zu kontrollieren", so Gabriel. Staat und Gesellschaft müssten bei psychisch instabilen Menschen "hinsehen und intervenieren – gerade bei Jugendlichen".

Auf Hass dürfe nicht mit Hass reagiert werden, sagte Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller der "Welt am Sonntag". Außerdem könne eine Großstadt wie Berlin nicht an jede Ecke einen Polizisten stellen. "Ebenso wenig können Sozialarbeiter überall einen Blick hineinwerfen", sagte der SPD-Politiker.

Täter war nicht polizeilich bekannt

Der Täter war für die Sicherheitsbehörden ein unbeschriebenes Blatt. "Gegen ihn waren bisher keine polizeilichen Ermittlungen bekannt", sagte de Maiziere. "Und es gibt auch keine Erkenntnisse der Nachrichtendienste über diese Person." Möglicherweise sei der junge Mann gemobbt worden. De Maiziere machte brutale Internetvideos und Computerspiele für Gewaltexzesse wie in München mitverantwortlich.

Der Amokschütze, der in München aufgewachsen ist und in die Schule ging, hatte nach ersten Erkenntnissen von Ermittlern eine Erkrankung "aus dem depressiven Formenkreis". "Wir haben einige Hinweise dafür, dass eine nicht unerhebliche psychische Störung bei dem Täter vorliegen könnte", sagte auch Bayerns Innenminister Herrmann.

Staatstrauer im Kosovo

Die Getöteten stammten nach Angaben des Münchner Polizeipräsidenten Hubertus Andrä alle aus München und Umgebung. Zwei 15-Jährige und drei 14-Jährige seien ums Leben gekommen, so die Ermittler. Weitere Opfer seien 17, 19, 20 und 45 Jahre alt gewesen. Unter den neun Todesopfern seien drei Frauen. Drei Tote stammten aus dem Kosovo. Der Präsident des Balkanstaates, Hashim Thaci, ordnete für Sonntag Staatstrauer an.

Drei Menschen schweben noch immer in Lebensgefahr, wie ein Sprecher des Landeskriminalamtes am Sonntag mitteilte. Zehn Menschen hatten schwere Verletzungen erlitten, vier unter ihnen hatten Schussverletzungen.

"Einen Tatort zu begehen, geht ins Mark. Um die Eltern zu wissen, die um ihre Kinder weinen, die Freunde, die um ihre Schulkameraden trauern. All das ist bitter", sagte de Maiziere in München. Er appellierte an die Menschen in Deutschland und Europa, ruhig zu bleiben. "Ich verstehe, dass die Bevölkerung besonders aufgewühlt ist. Nach Nizza, Würzburg nun München – es ist sehr wichtig, dass wir jeden Fall einzeln aufklären, dass wir die Hintergründe verstehen und die richtigen Konsequenzen ziehen können." (APA, 24.7.2016)