Der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl (links) und sein künftiger Landespolizeidirektor Martin Huber, der bisher Bezirkshauptmann von Neusiedl am See war.

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Eisenstadt/Wien – Das Burgenland stärkt seinen Ruf als Bundesland der bemerkenswerten Entscheidungen: Mit Martin Huber (50) übernimmt erstmals in Österreich ein Mann, der kein gelernter Polizist ist, eine hohe Polizeifunktion. Huber, Bezirkshauptmann von Neusiedl am See, wird ab September burgenländischer Landespolizeidirektor und damit Nachfolger von Hans Peter Doskozil, der im vergangenen Jänner von der SPÖ zum Sport- und Verteidigungsminister gemacht worden war.

Dass das Innenministerium zugestimmt hat, höhere Polizeiweihen an einen Quereinsteiger zu vergeben, sorgt innerhalb des Exekutive – wenig überraschend – auch für Unmut. Hinter vorgehaltener Hand ist von einem "folgenschweren Signal" die Rede. Es sei nicht gerade motivierend, wenn jemand, der nicht die interne Karriereleiter erklommen habe, auf dem Chefsessel lande. Bisher wurden Landespolizeidirektionen immer mit Akademikern besetzt, die ihre berufliche Laufbahn als Gendarmen oder Polizisten begonnen hatten.

Weisungsberechtigt

Als völlig Branchenfremder kommt Huber allerdings nicht nach Eisenstadt. Von 1997 bis 2000 war der Jurist Sicherheitsbeauftragter in der Landesregierung, danach als Bezirkshauptmann Sicherheitsbehörde erster Instanz und der Polizei im Bezirk gegenüber weisungsberechtigt.

Martin Huber war einer von neun Kandidaten, die sich um den ranghöchsten Polizeiposten im Burgenland beworben haben. Er erfüllte nicht nur alle formalen Voraussetzungen, die im Sicherheitspolizeigesetz für den Verwaltungsjob aufgelistet sind, sondern machte sich jüngst auch als Bezirkskrisenstabsleiter bei der Organisation der Flüchtlingsströme durch das Burgenland verdient. Er ist also neben Hans Peter Doskozil der zweite Mann, der durch erfolgreiches Management in der Flüchtlingskrise einen Karriereschub erlangte. Dem Vernehmen nach war Huber auch Doskozils Wunschnachfolger.

Politische Farbenlehre

Auch in der politischen Farbenlehre sprach nichts gegen Huber als Chef von 1500 Polizisten. Die beiden Landespolizeidirektor-Stellevertreter werden dem VP-nahen Lager zugerechnet, Huber der SPÖ. Innenminister Wolfgang Sobotka dürfte es nicht schwer gefallen sein, über seinen schwarzen Schatten zu springen. Er sagte dem neuen Polizeichef "unsere vollste Unterstützung" zu.

Außerdem dürfte allen Beteiligten noch das Desaster rund um die Bestellung des Salzburger Polizeidirektors in Erinnerung sein: Grundsätzlich müssen Innenminister und Landeshauptmann im Einvernehmen den Landespolizeidirektor bestellten. In Salzburg jedoch verweigerte 2010 die damalige Landeshauptfrau Gabi Burgstaller (SPÖ) die Zustimmung. Eineinhalb Jahre lang blieb der Chefposten unbesetzt, bevor Burgstaller schließlich 2012 ihren Widerstand gegen den VP-nahen Kandidaten Franz Ruf aufgab und das Land Salzburg endlich wieder einen Polizeidirektor erhielt.

Parteipolitischer Postenschacher blieb den Burgenländern – zumindest diesmal – erspart. Das merkt man auch an den Reaktionen auf die Bestellung Hubers. Von der Landes-ÖVP über die FPÖ bis hin zum Bündnis Liste Burgenland (LBL) werden dem neuen Polizeichef Rosen gestreut. "Huber hat am Höhepunkt der Einwanderungswelle im Sommer 2015 als Krisenmanager bewiesen, dass er mit kühlem Kopf die richtigen Entscheidungen treffen kann", so Landeshauptmann-Stellvertreter Johann Tschürtz (FPÖ). "Huber ist der richtige Mann", sagt auch ÖVP-Landesparteiobmann Thomas Steiner.

Schlepperkriminalität

In ersten Statements bezeichnete Huber "die burgenländische Grenzsituation" als weiterhin größte Herausforderung. Abgesehen von der Schlepperkriminalität sind Anzeigen im Burgenland rückläufig. Knapp 10.000 strafbare Handlungen wurden im Vorjahr registriert – die wenigsten im Bundesländervergleich. Anzeigen wegen Schlepper sind allerdings sprunghaft von 208 im Jahr 2014 auf 1106 im Vorjahr gestiegen. (Michael Simoner, 23.7.2016)