Die umfehdete Arbeitsmarktreform Frankreichs ist endgültig angenommen, wenn auch ohne Parlamentsabstimmung. Ohne Mehrheit in der Nationalversammlung, drückte die Regierung das Gesetz am Donnerstag per Dekret durch. Die Debatte spaltete die Linke tief, das gilt auch für die Gewerkschaften: Die gemäßigte CFDT trat für das Gesetz ein, da es auch neue Sozialrechte wie etwa ein lebenslanges "Ausbildungskonto" schafft. Die ehemals kommunistische CGT lief jedoch "gegen den Rückfall ins 19. Jahrhundert" Sturm und organisierte seit März ein Dutzend Protesttage, an denen Hunderttausende teilnahmen.

Zum Schluss hatte die Zahl der Demonstranten abgenommen; CGT und ihre Partnerin Force Ouvrière organisieren im September aber einen weiteren Protesttag und wollen auch den Verfassungsrat anrufen. Dieser könnte das Gesetz noch modifizieren. Die Reform hat seit ihrer Präsentation im Februar schon stark Federn gelassen. Zum Beispiel konnte die Regierung das vergleichsweise rigide Kündigungsrecht nur zum Teil lockern. Der ursprüngliche Entwurf präzisierte die "wirtschaftlichen" Entlassungsgründe, sodass ein Unternehmen betriebsbedingt Personal entlassen kann, wenn es eine bestimmte Zeit lang rote Zahlen geschrieben hat.

Richter können eingreifen

Präsident François Hollande ließ diese Bestimmung schon bald abschwächen: Die – von den Arbeitgeberverbänden gefürchteten – Arbeitsrichter können eingreifen, wenn sie den Eindruck haben, dass die Geschäftszahlen ausländischer Konzerne in ihren französischen Niederlassungen frisiert wurden, um dort Entlassungen vornehmen zu können.

Anfangs wollte der sozialdemokratische Staatschef auch eine finanzielle Obergrenze für Abfindungen festsetzen. Davon ist Arbeitsministerin Myriam El Khomri – zum großen Leidwesen der Unternehmen – wegen der scharfen Proteste wieder abgekommen: Das Gesetz erhält nur noch unverbindliche Richtwerte für Abfindungshöhen. Zurückgezogen hat El Khomri auch die Möglichkeiten von Firmen, für Lehrlinge längere Arbeitszeiten einzuführen.

Billigere Überstunden

Am zentralen Artikel 2 des Gesetzes hielt die Regierung eisern fest. Er erlaubt es Firmen, sich mit sozialpartnerschaftlichen Vereinbarungen über Branchenabkommen hinwegzusetzen. Zum Beispiel kann vereinbart werden, dass die Mitarbeiter während zwölf Wochen 46 Stunden pro Woche arbeiten – also elf Stunden länger als die gesetzliche Arbeitszeit. Die Überstunden können zudem nach dem tiefsten Satz von zehn Prozent – bisher 25 Prozent – entlohnt werden.

Möglich werden auch Betriebsabstimmungen zu dieser Frage. Nach neuem Recht genügt es, wenn reformbereite Gewerkschaften, die 30 Prozent der Betriebsstimmen vertreten (bisher 50 Prozent), ein solches "référendum" verlangen. (Stefan Brändle aus Paris, 21.7.2016)