Köln – Bis vor rund 45.000 Jahren war der Homo neanderthalensis die vorherrschende Menschenart in Europa – kurz darauf aber ging es mit ihm sehr schnell bergab. Nun haben Wissenschafter für die Region, die heute von Deutschland eingenommen wird, die Verbreitung des Neandertalers anhand bisher bekannter Funde genauer unter die Lupe genommen. Das Ergebnis: Der Neandertaler hatte kurz vor seinem beinahe plötzlichen Aussterben das Populationsmaximum erreicht.

Das Forscherteam um Jürgen Richter von der Universität Köln ist zu dem Schluss gekommen, dass über 50 Prozent der bekannten Neandertalersiedlungen in Deutschland aus dem Mittleren Paläolithikum stammen und sich auf 60.000 bis 43.000 Jahren vor unserer Zeit datieren lassen.

Grundsätzlich lassen sowohl Anzahl wie auch die weiteren Analysen der Fundorte und gefundenen Artefakte darauf schließen, dass die Neandertalerpopulation in Deutschland dramatischen demographischen Schwankungen unterlag. Während des Mittleren Paläolithikums muss es diverse Male zu Migrationsbewegungen, Populationswachstum und -rückgang, lokalem Aussterben sowie Wiederansiedlung der Neandertaler gekommen sein.

Schwankende Population

So existieren für den Zeitraum vor 110.000 bis 70.000 Jahren lediglich vier Fundstellen, in der darauffolgenden Zeitspanne von 70.000 – 43.000 Jahren sind es hingegen bereits 94. In weniger als 1.000 Jahren nach diesem demografischen Höhepunkt ging es jedoch rapide bergab und der Neandertaler verschwand schließlich vollends von der Bildfläche.

Warum er ausgestorben ist, konnte bisher nicht eindeutig geklärt werden. Ob es mit geringer genetischer Diversität der Neandertaler oder etwa der Einwanderung des Homo Sapiens zu tun hat, ist in der Fachwelt weitgehend umstritten. (red, 21.7.2016)