Am Samstag bei den Nickelsdorfer "Konfrontationen" zu hören: Jazz-Weiterdenker Georg Graewe.

Foto: Porgy & Bess

Nickelsdorf – "Was ist musikalischer?", fragte der Komponist John Cage, "ein Lkw, der an einer Fabrik vorbeifährt, oder einer, der an einer Musikschule vorbeifährt?" Er wollte unter anderem darauf hinaus, dass "Musik" ein dehnbarer Begriff ist. Dass es eine Musik jenseits jener geben könnte, die gemeinhin so genannt wird.

Der Blick hinter die engen Grenzen etablierter Tonsysteme oder Songstrukturen, in eine Welt, in der etwa auch Geräuschen zugetraut wird, Musik zu sein, kann indes sehr befreiend wirken. Das wussten die lärmaffinen Futuristen, das wusste Cage. Viele wussten das, und auch bei den Nickelsdorfer Konfrontationen wissen sie es schon lang.

Zum 37. Mal findet das Festival für freie und improvisierte Musik heuer statt. Vier Tage lang öffnet sich rund um die Jazzgalerie Nickelsdorf eine Welt, in der herkömmliche musikalische Gesetze nur bedingt wirksam sind. Man will "zwischen den Stühlen" Platz nehmen, keine Grenzen setzen.

Unerhörtes in der Kirche

Eingeladen wurden hierzu auch 2016 namhafte Vertreter der Improvisationsszene. Am Freitag sind etwa – wie schon 2015 – Freejazzdrummer Paul Lovens und Entgrenzungsklarinettist Rudi Mahall zu hören, diesmal im Trio mit Gitarrist Flo Stoffner. Wiederkehrer ist auch Sopransaxofonist John Butcher, der in verschiedenen Kombos auftritt. Am Samstag holt der Jazz-Weiterdenker Georg Graewe aus dem Klavier allerhand Unerhörtes heraus.

Zu instrumental- und jazzbasierten Exkursen kommen elektronische, etwa aus dem Dunstkreis der Wiener Experimentalmusikplattform klingt.org. Maja Osojnik gastiert mit dem Projekt Rdeca Raketa, das sie mit Kontrabassist Matija Schellander betreibt – mit Extra-Twist: Das Konzert findet in der Evangelischen Kirche statt, wo der Jazzer Jean-Luc Guionnet an der Orgel einstimmen wird. Bleibt die Frage, wie musikalisch ein Lkw wäre, der dann an dieser Kirche vorbeiführe. (Roman Gerold, 21.7.2016)