Der Assistenzeinsatz des Heeres gilt auch als Entwicklungshilfe.

Foto: APA / Erwin Scheriau

Wien / New York – Zu deutlich größeren Anstrengungen bei Entwicklungshilfe und Klimaschutz ruft die Industriestaatenorganisation OECD ihre Mitgliedsländer auf. Um auf dem UN-Entwicklungsfahrplan "Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung" Kurs zu halten, muss die internationale Gemeinschaft deutlich mehr aufbringen als die rund 135 Milliarden US-Dollar (122 Milliarden Euro), die pro Jahr für Entwicklungszusammenarbeit (EZA) bereitgestellt werden, appellierte OECD-Chef José Ángel Gurría am Montag bei Vorlage des EZA-Berichts 2016. Den Investitionsbedarf für die Umsetzung der 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung schätzen die OECD-Experten auf 3,3 bis 4,5 Billionen Dollar pro Jahr.

Allein bis 2020 müssen die Industrieländer laut OECD pro Jahr rund hundert Milliarden Dollar für Maßnahmen zur Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs auf 1,5 Grad (im Vergleich zum vorindustriellen Niveau) aufbringen. Dabei seien nicht allein die Staaten gefragt, sondern auch private Investoren. Das Geld sei in nachhaltiger Entwicklung gut angelegt, weil es Kapitalrenditen in Form von verringerten Risiken, Markt- und Portfoliodiversifizierung, höheren Einnahmen, geringeren Kosten und höherwertigen Produkten bringe, mahnt die OECD, und gibt Handlungsansätze:

  • Ausländische Direktinvestitionen sind die mit Abstand bedeutendste Quelle internationaler Kapitalzuflüsse in Entwicklungsländer. Sie könnten durch konzertierte Bemühungen der internationalen Gemeinschaft bis 2030 vervierfacht werden, so die OECD. Es bestehe Anlass zur Sorge, dass sich die globalen Kapitalströme allmählich verlangsamen.
  • Mischfinanzierung, im Fachjargon "Blending" genannt, spielt derzeit kaum eine Rolle, böte aber viele Chancen, wenn öffentliche Mittel zur Risikominderung für private Investoren eingesetzt werden. Blending sollte systematisch ausgeweitet werden, rät die OECD, um Risiko zu vermeiden.
  • Mobilisierende Interventionen des öffentlichen Sektors zugunsten privater Investoren könnten in Form von Bürgschaften, Konsortialkrediten oder Beteiligungen an Anlageinstrumenten erfolgen.
  • Wirkungsorientierte Investitionen könnten in besonders gering entwickelten Ländern Impulse bringen. Dabei werden öffentliche Mittel eingesetzt, um das Risiko privater Investoren bei essenziellen Verbesserungsmaßnahmen für besonders arme Bevölkerungsgruppen zu senken, etwa im Bildungs- und Gesundheitswesen sowie bei Sozialdienstleistungen.

Die OECD hat auf 320 Seiten nicht nur Wege in der Entwicklungspolitik aufgezeigt, sondern auch eine Inventur vorgenommen. Laut vorläufigen Zahlen (und bereinigt um Inflation und Währungsschwankungen) haben die Industrieländer ihre Nettoausgaben für EZA im Jahr 2015 um 6,9 Prozent auf 131 Milliarden Dollar oder 0,30 Prozent des Bruttonationaleinkommens gesteigert. Das ist der höchste Wert aller Zeiten, der aber auch der Flüchtlingskrise geschuldet ist. Rechnet man die Aufwendungen für Flüchtlinge und Asylwerber heraus (sie sind von 2014 auf 2015 von 6,6 auf 12,0 Milliarden Euro), sind die EZA-Ausgaben seit dem Jahr 2000 real immer noch um 1,7 Prozent gestiegen. Der Anteil der Ausgaben der Flüchtlingshilfe an den Budgets für Entwicklungszusammenarbeit stieg damit von 4,8 auf 9,1 Prozent.

22 Länder haben begonnen, Hilfsgelder umzuschichten und die Flüchtlingshilfe aus EZA-Budgets zu finanzieren.

USA großzügigste Geldgeber

Die großzügigsten Geldgeber waren die USA, gefolgt von Großbritannien, Deutschland, Japan und Frankreich. Dänemark, Luxemburg, die Niederlande, Norwegen, Schweden und das Vereinigte Königreich erreichten das UN-Ziel von 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens. Größte Steigerung erfuhr die EZA in 22 Staaten, darunter Österreich, Kanada und Deutschland.

Österreich stellte im Vorjahr 1,2 Milliarden Dollar für EZA zur Verfügung, was 0,32 Prozent des Bruttonationaleinkommens entspricht – und einer Steigerung von 15,4 Prozent real. Damit katapultiert sich Österreich auf Rang 13 der größten Geber (gemessen am Bruttonationaleinkommen). Österreich hat angekündigt, die EZA-Ausgaben auf 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens zu steigern und eine Roadmap vorzulegen. 2014 wurden 109,5 Millionen Dollar an Flüchtlingskosten eingemeldet – 8,9 Prozent der Nettogesamtausgaben für EZA. (ung, 19.7.2016)