US-Außenminister John Kerry bei seinem Treffen mit Russlands Präsident Wladimir Putin in Moskau.

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Moskau / St. Petersburg —Der Terroranschlag in Nizza hat auch die Verhandlungen von US-Außenminister John Kerry in Moskau überschattet. Die Nachricht ging während seines nächtlichen Treffens mit Präsident Wladimir Putin im Kreml ein. Putin hat bereits ein Beileidstelegramm nach Paris geschickt, in das er neben Solidaritätsbekundungen auch die Ankündigung, den Antiterrorkampf hart und unbeirrt fortzusetzen, einfügte.

Wie inzwischen bekannt wurde, sind unter den Todesopfern auch mindestens eine Russin und zwei Amerikaner. "Unsere Arbeit hat durch den Terroranschlag gestern in Nizza noch mehr an Dringlichkeit und Aktualität gewonnen", sagte Russlands Außenminister Sergej Lawrow am Freitag.

Die hohen Erwartungen, die durch gezielte Indiskretionen über vermeintliche Verhandlungsangebote Kerrys im Vorfeld geweckt worden waren, konnte das Treffen allerdings – zumindest vorläufig – nicht erfüllen. Kerry, so hieß es, sei mit dem Vorschlag angereist, Luftschläge zu koordinieren und sogar ein gemeinsames Kontrollzentrum in Jordanien aufzubauen, um sicherzustellen, dass sich die Bombardierung tatsächlich nur auf IS- und al-Nusra-Ziele konzentriere. Opfer unter der Zivilbevölkerung, aber auch unter den bewaffneten Rebellen, die Washington als gemäßigt ansieht, sollen so vermieden werden.

Keine Einigung

Am Ende gab es die üblichen diplomatischen Floskeln: Kerry bedankte sich für die "produktiven Gespräche", Kremlsprecher Dmitri Peskow charakterisierte das Treffen anschließend als "ziemlich konstruktiv, offen und detailliert". Und doch blieben noch viele Fragen zur geplanten Kooperation in Syrien offen, räumte Peskow ein.

"Es wurden verschiedene Formate einer Zusammenarbeit besprochen, aber das Thema einer direkten Kooperation der Militärs im Kampf gegen den Terror war nicht dabei", dementierte Peskow zudem Verhandlungen über die angebliche Kerry-Initiative einer Bombardierungskoordination. Das zuvor kolportierte Interesse Washingtons an einer Verlängerung des Start-Abkommens zur Verringerung strategischer Waffen kam nach Angaben Peskows ebenso wenig zur Sprache.

Auch ein Einlenken Moskaus in der Frage nach dem Schicksal Bashar al-Assads wird es nicht geben. Während die USA weiterhin auf einem Regimewechsel – der zwischen Regierung und Opposition ausgehandelt werden soll – bestehen, "hat sich Russlands bekannte Position dazu nicht geändert", bestätigte Peskow. Nur die Syrer selbst hätten das Recht, Assad das Vertrauen zu entziehen.

"Alle Möglichkeiten, diesen Konflikt zu lösen"

Auch zur Ukraine sind die Positionen noch weit auseinander. In der Frage klang der US-Außenminister freilich weit optimistischer, dass eine Lösung in Sicht sei. Es gebe "alle Möglichkeiten, diesen Konflikt wirklich zu lösen", meinte Kerry.

Es ist unwahrscheinlich, dass Russland dabei wesentlich von seinen Positionen abrücken wird. Die Moskauer Politik artikuliert sich – auch und gerade nach dem Anschlag von Nizza – sehr selbstbewusst: In St. Petersburg bei einer Veranstaltung des deutsch-russischen "Petersburger Dialogs" warf der Politologe Wjatscheslaw Nikonow den Europäern vor, mit der Fokussierung auf das Feindbild Russland die Migrationsprobleme als wahre Sicherheitsbedrohung verkannt zu haben.

Der Chef des Außenausschusses der Duma, Alexej Puschkow, stieß ins gleiche Horn: Der Anschlag diene der Ernüchterung westlicher Politiker, die sich gegen eine Kooperation mit Russland stellten. "Nicht Russland muss zurückgedrängt werden, sondern der internationale Terrorismus", sagte er. (André Ballin, 15.7.2016)