ÖVP-Generalsekretär Peter McDonald fordert Fairness für diejenigen, "die in der Früh aufstehen und arbeiten gehen".

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"Der Weg der Freiheitlichen in der Asylpolitik ist menschenunwürdig, jener der Grünen verantwortungslos."

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"Die FPÖ spielt mit den Grundwerten der Demokratie, indem sie Halbwahrheiten oder Unwahrheiten verbreitet."

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Trotz heftiger Kritik an der FPÖ hält McDonald eine Koalition mit dieser für machbar.

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STANDARD: Ihnen sind der Reihe nach die Pressesprecherinnen abhandengekommen. Sind Sie ein so unangenehmer Chef?

McDonald: Ich habe mich entschieden, die Kommunikationsabteilung auf neue Beine zu stellen. Mit Jochen Prüller habe ich jetzt jemanden von außen geholt, der im Bundespräsidentenwahlkampf für Irmgard Griss schon hervorragende Arbeit gemacht hat. Wir haben jetzt auch jemanden für Social Media und die interne Kommunikation neu.

STANDARD: Was soll neu werden?

McDonald: Weniger Politsprech, mehr Kommunikation mit der Bevölkerung.

STANDARD: Gerade die Parteisekretariate sind berüchtigt für ihre Wadlbeißerei.

McDonald: Ich bin überzeugt, dass man mit Wechseln von politischem Kleingeld kein nachhaltiges Kapital aufbauen kann. Wir müssen stärker herausarbeiten, wofür wir in der Politik kämpfen, was die Umsetzungsideale in der Partei sind. Wenn man in einer Koalition ist, dann muss das eine Partnerschaft sein, die etwas für das Land voranbringt. Das ist auch die Erwartungshaltung der Bevölkerung. Ich habe mich dafür eingesetzt, dass wir einen Richtungswechsel vollziehen und stärker die Partnerschaft suchen, um konkrete Projekte anzubieten. Ich finde, das merkt man schon.

STANDARD: Der Gedanke der Partnerschaft scheint aber noch nicht bei allen in der Partei angekommen zu sein.

McDonald: Die Situation ist auch nicht einfach: Wir sind mit einem Mitbewerber in einer Partnerschaft. Die Zielsetzung muss aber sein, dass wir etwas weiterbringen.

STANDARD: Sollen Auseinandersetzungen jetzt nicht mehr in der Öffentlichkeit ausgetragen werden?

McDonald: Die SPÖ wird bei einer Wahlauseinandersetzung nicht unser Hauptgegner sein. Wir müssen vielmehr klar herausarbeiten, was die Unterschiede zwischen ÖVP und der FPÖ, aber auch den Grünen und den Neos sind. Wir müssen aufzeigen, was passiert, wenn Nationalpopulisten versuchen, den Wähler für dumm zu verkaufen, und unsere Zukunft aufs Spiel setzen, Beispiel Brexit.

STANDARD: Was sind denn die Unterschiede zur FPÖ?

McDonald: Der Hauptunterschied ist unsere Europa- und Wirtschaftskompetenz. Während die FPÖ Menschen manipulieren will, sind wir eine Partei, die ganz klar auf Freiheit setzt, aber mit Verantwortung kombiniert.

STANDARD: Wenn man die Flüchtlingspolitik hernimmt, sieht man aber kaum Unterschiede zur FPÖ.

McDonald: Es gibt klare Unterschiede. Während die linke Reichshälfte dafür steht, allen Menschen, die an den Grenzen stehen, die Möglichkeit zu geben, nach Österreich zu kommen, ist es die rechtspopulistische FPÖ, die sagt, kein einziger Hilfesuchender soll die Grenze überschreiten. Wir haben den Mittelweg der Vernunft gewählt und klare Grenzen gesetzt. Wir sind bereit, denjenigen zu helfen, die Hilfe brauchen, allerdings müssen wir darauf achten, dass wir nicht ein Versprechen geben, das wir nicht halten können: Wir können nur eine bestimmte Menge in Gesellschaft und Arbeitsmarkt integrieren und nicht jeden. Deshalb hat die ÖVP eine Obergrenze durchgesetzt. Wir müssen helfen, ohne die Menschen in Österreich zu überfordern. Der Weg der Freiheitlichen in der Asylpolitik ist menschenunwürdig, jener der Grünen verantwortungslos.

STANDARD: Die SPÖ tut sich einigermaßen schwer mit ihrer Positionierung gegenüber der FPÖ, die ÖVP hat weniger Berührungsängste. Eine Koalition mit den Freiheitlichen ist weiter denkbar?

McDonald: Wir sind jetzt in einer Koalition mit der SPÖ, da gilt es bis zum Wahltermin so viel wie möglich weiterzubringen. Dann gibt es einen Wahlentscheid und neue Konstellationen. Ich schließe eine Koalition mit der FPÖ nicht aus, wir schauen aber genau hin, wo die Gemeinsamkeiten sind. Ein Öxit, wie ihn manche Freiheitliche wollen, ist Gift für den hart erarbeiteten Wohlstand und zeugt von wirtschaftspolitischem Unverständnis.

STANDARD: Es gilt in der ÖVP mehr oder weniger als Faktum, dass Sebastian Kurz als Parteichef Reinhold Mitterlehner nachfolgen wird. Wann wird das eintreten?

McDonald: Mitterlehner und Kern sind in der Regierungsarbeit auf einer gemeinsamen Wellenlänge, ich glaube, dass die beiden noch sehr viel weiterbringen können.

STANDARD: Und Kurz?

McDonald: ... leistet als Außenminister hervorragende Arbeit. Vizekanzler und Bundeskanzler führen erfolgreich die Regierung an.

STANDARD: Bei der Besetzung des Rechnungshofs gab es ein unkoordiniertes Vorgehen der Regierung, die nächste größere Personalentscheidung steht im ORF an. Wird es wieder ein Gegeneinander geben? Die SPÖ unterstützt Alexander Wrabetz, die ÖVP Richard Grasl?

McDonald: Die Politik ist nicht dafür zuständig, eine Auswahl zu treffen, wer Generaldirektor im ORF werden soll. Das macht der Stiftungsrat. Ich halte es für gut, dass es einen Wettbewerb unterschiedlicher Konzepte gibt.

STANDARD: Sie wollen jetzt aber nicht behaupten, dass es hier keinen parteipolitischen Einfluss gibt?

McDonald: Die Regeln sind klar: Der Stiftungsrat bestimmt den Generaldirektor.

STANDARD: Der ist politisch besetzt.

McDonald: Der Stiftungsrat ist wie ein Aufsichtsrat zuständig für das Unternehmen ORF.

STANDARD: Der Bundeskanzler hat sich schon auf Wrabetz festgelegt.

McDonald: Das halte ich nicht für sehr geschickt.

STANDARD: Wen halten Sie für den besseren Kandidaten?

McDonald: Ich werde den Stiftungsräten keine Empfehlungen ausrichten.

STANDARD: Da wird sich Richard Grasl aber bei Ihnen bedanken.

McDonald: Das überzeugendste Konzept wird entscheiden, der Stiftungsrat wird hoffentlich die richtige Entscheidung herbeiführen. Ich habe eine klare Meinung, werde diese aber nicht über die Medien ausrichten.

STANDARD: Was halten Sie von der Entscheidung der Höchstrichter, die Bundespräsidentenstichwahl wiederholen zu lassen?

McDonald: Ich halte das für eine wichtige Entscheidung. Gerade bei einem so sensiblen Thema wie einer Wahl muss man besonders genau auf die gesetzeskonforme Durchführung achten. Ich glaube, man hat sich die Entscheidung nicht leicht gemacht, aber im Endeffekt die Demokratie gestärkt.

STANDARD: Die FPÖ behauptet, es sei zu massiven Manipulationen gekommen, obwohl die Höchstrichter das in ihrem Urteil so nicht festgehalten haben.

McDonald: Das halte ich für verantwortungslos. Die FPÖ spielt hier mit den Grundwerten der Demokratie, indem sie Halbwahrheiten oder Unwahrheiten verbreitet.

STANDARD: Mit welchen Themen wird die ÖVP in die nächste Wahlauseinandersetzung gehen?

McDonald: Wir werden jetzt einmal drei Themen stärker propagieren: Das ist die Entlastung des Mittelstands, da geht es auch darum, Regulierungen und Vorschriften zu reduzieren und mehr Freiheit für den Einzelnen zu schaffen. Das zweite Thema ist der Unternehmergeist in Österreich, den wir stärker anstacheln wollen. Drittes Thema: Die Bürger sollen sich in Österreich sicher fühlen, indem Grenzen gesetzt werden und Fairness hergestellt wird zwischen Sozialleistungsempfängern und denjenigen, die in der Früh aufstehen und arbeiten gehen.

STANDARD: Ich nehme an, Sie tragen die Parteilinie mit, wonach die Mindestsicherung gedeckelt werden soll?

McDonald: Die Mindestsicherung soll eine Überbrückungshilfe und nicht von Dauer sein. Daher muss es auch einen spürbaren Unterschied zwischen Sozialtransfers und dem hart erarbeiteten Erwerbseinkommen geben.

STANDARD: Sind Sie auch dafür, dass es eine Arbeitsverpflichtung geben soll?

McDonald: Wir wollen uns den deutschen Weg genauer ansehen und dann unsere Schlüsse ziehen.

STANDARD: Also Deckelung ja und Arbeitsverpflichtung vielleicht?

McDonald: Bei den Verhandlungen geht es neben der Deckelung für die Sozialleistung auch darum, dass man bei der Auszahlung der Mindestsicherung darauf Rücksicht nimmt, wie lange jemand Beiträge eingezahlt hat. Angesichts der angespannten Lage am Arbeitsmarkt braucht es unterschiedliche Lösungsansätze, um die Menschen wieder in Beschäftigung zu bringen.

STANDARD: Das würde auch auf eine Unterscheidung zwischen österreichischen und nichtösterreichischen Beziehern abzielen.

McDonald: Nein, es zielt darauf ab, dass man stärker darauf Rücksicht nimmt, wie hoch die Beitragseinzahlungen bisher waren. Ein Gutachten des Rechtswissenschafters Robert Rebhahn zeigt klar, dass eine Differenzierung von Mindestsicherungsleistungen möglich ist. Diese Kriterien würden dann für alle gleichermaßen gelten. Primär geht es darum, wie lange jemand Beiträge eingezahlt hat.

STANDARD: Davon wären Flüchtlinge automatisch betroffen, die haben keine Beiträge einbezahlt.

McDonald: Ja. An ihren Beiträgen ins Sozialsystem bemessen ist das durchaus legitim. (INTERVIEW: Michael Völker, 16.7.2016)