Schicksalhaft zusammengewürfelte Farbfelder: "Divine Monochromes" (2016) von Kay Walkowiak.

Foto: Matthias Bildstein

Die Muse und die Farben: "Divine Monochromes" (2016).

Foto: Matthias Bildstein

Die Zukunft kennt der Papagei. Zumindest gibt es in Indien Wahrsager, denen die buntgefiederten Vögel als – vermutlich – unbestechliches und unvoreingenommenes Medium dienen. Mit dem roten Schnabel fischt das Tier das gottgegebene Schicksal der Klienten aus einem Stapel von Deutungskarten.

Könnte durch den Vogel, der im Übrigen auch das Attribut der hinduistischen Göttin Minakshi ist, nicht vielleicht auch die Muse zu ihm sprechen, muss sich wohl Kay Walkowiak gefragt haben. Denn der Künstler (geb. 1980 in Salzburg), der schon einige Male Indien besucht und dessen vielseitige Kultur studiert hat, ließ den Vogel auf der "Klaviatur der Farben" spielen – genauer gesagt: Er ließ den grünen Papagei aus dem so benannten Farbfächer von Le Corbusier vier mal acht "Glücksfarben" ziehen. Divine Monochromes heißt das so entstandene zehnminütige Video (2016) mit der geduldig immer wieder aus ihrem Käfig heraushüpfenden und Karte für Karte ziehenden Farbfee. Divine Monochromes heißen aber auch die vier auf diese Weise komponierten abstrakten Bilder: an die Tradition der Farbfeldmalerei anschließende Pigmentdrucke. Und obendrein heißt so auch Kay Walkowiaks erste Soloschau in der Galerie Crone in Wien.

Wieso gerade Corbusier-Farben, könnte man sich fragen. Und auch das hat vermutlich mit den Indien-Aufenthalten Walkowiaks zu tun. Denn bei einem davon besuchte er Chandigarh im Norden, eine Planstadt, in der Le Corbusier in den 1950er-Jahren seine Vision einer perfekten Stadt verwirklichte. Eine Zeit, in der der Stararchitekt auch die anfänglich nur aus 63 Farben bestehende "clavier des couleurs" für seine avantgardistisch-strengen Betonarchitekturen um kräftigere Töne erweiterte.

Was seine Palette so faszinierend macht und daher auch so erstaunlich stimmige Farbfeldkompositionen ermöglicht, ist, dass die aus der Kunstgeschichte abgeleiteten Töne aus natürlichen Pigmenten gemischt wurden. Die Konsequenz: Egal wie man sie kombiniert, das Zusammenspiel ist stets harmonisch.

Auch Chandigarh selbst und dem normalen Leben dort (mit trocknender Wäsche und Klimaanlage in der verwitternden Architekturutopie) widmete Walkowiak Arbeiten: etwa das Video The City Beautiful (2011) oder die neuere Serie A Different Order, die aktuell (bis 2. 10.) in einer kleinen Personale im Mak zu sehen ist.

Brett Novak

Was seine Arbeit aber so vergnüglich und verführerisch leicht macht, ist das Spielerische, mit dem er minimalistische Formen und andere Vermächtnisse der Moderne am Alltag erprobt oder in andere kulturelle und philosophische Kontexte verschiebt. Sei es, dass er Yogis um spirituelle Interpretationen minimalistischer Objekte bittet (Making Sense Out of Abstraction, 2013) oder Äffchen mit ihnen spielen lässt (Stimuli, 2014). Die westlich dominierte Moderne verliert so ihre Absolutheit, die Kunst ihre Unantastbarkeit. Wie begegnet etwa ein Skateboarder minimalen Skulpturen, lautete etwa die Idee zum Film Minimal Vandalism (2013), die einen Ausstellungsraum samt Objekten in einen Skater-Parcours verwandelte. Solche herausfordernden Hindernisse finden sich auch in der Galerie Crone: Objekte aus Stahl mit Socke. Fantastisch. (Anne Katrin Feßler, Album, 16.7.2016)