Aktive Region: Sonnenflecken sind etwa um 1500 Grad Celsius kühler als die übrige Oberfläche und werden von magnetischen Flusskonzentrationen verursacht, die aus dem Sonneninneren durchbrechen.

Foto: Royal Swedish Academy of Sciences

Göttingen – Sonnenflecken erscheinen auf den meisten Aufnahmen sehr dunkel, im Zentrum oft sogar schwarz, tatsächlich aber sind sie nur um rund 30 Prozent dunkler und um ein Viertel kühler als die restliche 5500 Grad Celsius heiße Sonnenoberfläche. Sie entstehen dort, wo Magnetfelder im turbulent wallenden Gas verzerrt werden und schließlich als gewaltige Feldbögen die Sonnenoberfläche durchbrechen. Dabei wird Materie ins All hinaus geschleudert, was auf der Erde als Sonnensturm registriert wird. Bisher gingen Wissenschafter davon aus, dass diese magnetischen Flusskonzentrationen mit relativ hoher Geschwindigkeit durch das Sonneninnere aufsteigen – ein folgenreicher Irrtum, wie nun ein internationales Astronomenteam feststellen musste.

Ein klares Anzeichen dafür, dass eine magnetische Flusskonzentration die Sonnenoberfläche durchdringt und eine aktive Region bildet, sind Gebiete mit Magnetfeldern entgegengesetzter Polarität. Diese sind auf Magnetfeldkarten, wie sie das Helioseismic and Magnetic Imager (HMI) Instrument an Bord des NASA-Satelliten Solar Dynamics Observatory (SDO) liefert, deutlich zu erkennen. Anhand dieser Bilder identifizierten die Forscher aktive Regionen und bestimmten den Moment ihres Auftretens.

Hochaufgelöste Sonne

Seit seinem Start im Jahr 2010 stellt SDO einen fast ununterbrochenen Strom an Daten zur Verfügung. "Für unsere Studie benötigten wir Messungen von einer statistisch signifikanten Anzahl aktiver Regionen", erklärt Erstautor Aaron Birch vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) in Göttingen. "HMI ist für unsere Zwecke ideal, da es hochaufgelöste Bilder der gesamten sichtbaren Sonnenscheibe liefert, und das beinahe ohne Unterbrechung." Wegen des solaren Aktivitätsminimums im Jahr 2010, das zu einem deutlich selteneren Auftreten von aktiven Regionen führte, musste das Team über mehrere Jahre hinweg Daten sammeln.

Zusätzlich zu den Magnetfeldkarten, anhand derer die Forscher aktive Regionen identifizieren konnten, liefert HMI auch Bildern im sichtbaren Licht. Diese waren essentiell für die Bestimmung der horizontalen Strömungsgeschwindigkeit des Plasmas rund um die identifizierten aktiven Regionen. Um diese Plasmaströmungen zu messen, verwendeten die Forscher zwei verschiedene Methoden: Einerseits verfolgten sie die Bewegungen kleiner Helligkeitsmuster, und andererseits untersuchten sie die Ausbreitungsgeschwindigkeit von Druckwellen.

Gleichzeitig berechnete Koautor Mathias Rempel vom High Altitude Observatory in Boulder mithilfe von Computersimulationen auf den Supercomputern der NASA, wie die aufsteigenden magnetischen Flusskonzentrationen mit der Konvektion – also den turbulenten Bewegungen des Plasmas – unter der Oberfläche interagieren. Diese Art der Berechnung verlangt einen großen Rechenaufwand und ist erst seit Kurzem durchführbar. Die Simulationen zeigten, dass die Stärke der Strömungen an der Oberfläche mit der nach oben gerichteten Geschwindigkeit der Flusskonzentrationen zunimmt: Durch ihr Aufsteigen wird das Material zur Seite geschoben.

Nur 150 Meter pro Sekunde

Indem die Forscher diese Computersimulationen mit der beobachteten Strömung an der Sonnenoberfläche verglichen, konnten sie zeigen, dass die magnetischen Flusskonzentrationen sich nicht schneller aufwärts bewegen können als die Konvektion unter der Oberfläche. Diese bewegt sich in einer Tiefe von 20.000 Kilometern mit etwa 150 Metern pro Sekunde. Dieses Ergebnis steht in deutlichem Kontrast zu den Vorhersagen des derzeit besten Modells für das Aufsteigen der Flusskonzentrationen. Dieses sagte in derselben Tiefe eine Geschwindigkeit von 500 Metern pro Sekunde voraus. (red, 16.7.2016)