Wir haben es geschafft. Uns den den Fesseln des Alltags entrissen. Wir haben außer Rand und Band und voller Leidenschaft das nächste umweltfreundliche Transportmittel gestürmt und sind abgehauen.

Hinter uns: backende Betonschluchten und keifende Autofahrer mit in zweifacher Ausführung überhitztem Dach.

Vor uns: Schlemmereien, Müßiggang, Schreibpause und Familienkrach. Der kommt aber meist in der Mitte des Urlaubs und nicht gleich am Anfang. Man muss ja mit den neu erwachenden Lebensgeistern sparsam und punktuell abgewogen umgehen.

Im Zug ist es außerordentlich schwül. Man fließt an der Endstation aus dem Wagon, der Natur entgegen. Der Wald duftet. Der Hund ist zuversichtlich. Die Familie beschließt, sämtlichen Handys, Laptops, WLAN und allen anderen Sünden des modernen Lebens abzuschwören.

Mit viel Glück sind wieder Pilzchen da: sammeln, anschauen, zu Hause auf dem Tisch ausbreiten, an der eigenen Lebensmüdigkeit zweifeln und wieder weghauen. Es gibt zwar ein Pilzmuseum in der Nähe, das ist aber doch zu Fuß mühselig zu erreichen. Man könnte aber auch wurmige Himbeeren mit Zeck genießen, wenn man Zeit findet. Der Urlaubsmodus mit Eremiteneinschuss ist an.

Kaum sind die Badehosen eingepackt und die Bikinis startklar, setzt ein Wolkenbruch ein, der geradezu biblische Ausmaße annimmt. Man hört den Regen an die Bauernhausdecke klopfen und findet das ausgesprochen romantisch, man denkt an melkwarme Milchkrüge und Waldbeeren und schläft ein.

Der Regen trommelt lustig weiter, den ganzen folgenden und den übernächsten Tag. Man wagt sich, mit zwei dicken Pullovern und Regenschutz gewappnet, hinaus, der Hund befindet diese Idee für gänzlich ungeeignet. Draußen manifestiert sich eine permanente Regenwand mit Nebel, traurig hervorragenden düsteren Tannenwipfeln und, nach bester Tarkowksi-Art, aufsteigenden Nebelfetzen.

Das Kind versinkt in Youtube. Die Begleitung befetzt sich irgendwo online. Also gut. Der neue Roman kann meinetwegen auch schon beginnen. (Julya Rabinowich, 15.7.2016)