Die Rigaer Straße 94 darf noch besetzt bleiben.

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Berlin – Das linke Wohnprojekt in der Rigaer Straße 94 in Berlin-Friedrichshain hat vor Gericht einen Erfolg errungen. Die Teilräumung des besetzten Gebäudes durch die Polizei war demnach rechtswidrig, berichteten mehrere deutsche Medien am Mittwoch. Damit bekam der Verein "Freunde der Kadterschmiede" das vorläufige Nutzungsrecht. Der Hauseigentümer muss bis zur endgültigen Klärung des Besitzverhältnisses das Gebäude wieder freigeben.

Die rund 300 Polizisten hatten bei der Teilräumung am 22. Juni laut der zuständigen Richterin der Zivilkammer des Berliner Landesgerichts keinen Räumungstitel vorgelegt. Außerdem sei kein Gerichtsvollzieher bei dem Einsatz dabei gewesen, argumentierte sie.

Das Urteil fiel allerdings auch aus formalen Gründen: Da die Anwälte der Hauseigentümergesellschaft nicht zur mündlichen Verhandlung erschienen, wurde ein sogenanntes Versäumnisurteil gefällt. Es gibt automatisch dem anwesenden Kläger Recht, räumt aber den Rechtsvertretern der Eigentümer ein Widerspruchsrecht ein. Der Anwalt der Beklagten soll verhindert gewesen sein.

Feierlaune unter den Klägern

Kurz nach Bekanntwerden des Urteils sammelten sich Berichten zufolge etwa 70 Bewohner und Unterstützer vor dem Haus Rigaer Straße 94 und feierten mit Sekt und Bier. Man warte auf die Übergabe des Schlüssels.

Seit der Teilräumung war das Gebäude Tag und Nacht von Exekutivbeamten bewacht worden. Seit Dienstagabend hat die Polizei bei den Bewohnern aber keine Zutrittskontrollen mehr durchgeführt. Nach Bekanntwerden des Urteils wurde die Polizeipräsenz vor dem Haus aber wieder verstärkt.

Politischer Rückschlag für Henkel

Der Richterspruch ist ein Rückschlag für den vor der Berlin-Wahl im September im Wahlkampf stehenden Berliner Innensenator Frank Henkel (CDU). Er hatte das Vorgehen der Polizei in den vergangenen Tagen mehrfach verteidigt.

Christopher Lauer, innenpolitischer Sprecher der Piratenfraktion, ließ nicht mit Kritik auf sich warten: "Das Urteil bestätigt mich in meinem Eindruck, dass die Einsätze in der Rigaer Straße vor allem politisch motiviert sind", erklärte er. (red, 13.7.2016)