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Hillary Clinton beim gemeinsamen Auftritt mit Bernie Sanders.

Foto: REUTERS/Brian Snyder

New Hampshire ist ein bewährtes Pflaster für politische Versöhnungsfeiern. In dem kleinen Bundesstaat an der kanadischen Grenze, in einem abgelegenen Dorf namens Unity, übten vor acht Jahren bereits Barack Obama und Hillary Clinton den Schulterschluss, nachdem sie sich ein hartes Kandidatenduell geliefert hatten. Am Dienstag waren es Hillary Clinton und Bernie Sanders, die sich den "Granite State" aussuchten, um ihre Aussöhnung zu zelebrieren. "Ich will alles zu tun, was ich kann, um sicherzustellen, dass sie die nächste Präsidentin der USA wird", sagte Sanders am Dienstag auf der Veranstaltung. Damit bleibt dem Wahlparteitag der Demokraten eine Kraftprobe erspart; vielmehr dürften die erbitterten Rivalen alles daran setzen, so etwas wie zäh errungene Eintracht zur Schau zu stellen.

So energisch sich manche Sanders-Anhänger gegen eine Kandidatin Clinton aufgelehnt hatten, so lange sich ihr Held bedeckt hielt, so vorhersehbar war, dass sich die beiden irgendwann doch einigen würden. Seit Monaten schon betont Sanders, er wolle alles tun, um einen Präsidenten namens Donald Trump zu verhindern. Das konnte nur als chiffrierte Unterstützung der früheren Außenministerin verstanden werden. Nur ist der 74 Jahre alte Senator aus Vermont eben auch ein gewiefter Politiker, der sein Blatt auszureizen versteht.

"Weit über 90 Prozent erreicht"

Obwohl die Vorwahlen der Demokraten bereits am 7. Juni beendet waren, obwohl seine Kontrahentin das Rennen relativ eindeutig gewonnen hatte, zögerte er, sich öffentlich hinter sie zu stellen. Fünf Wochen ließ er sich Zeit damit – nach den ungeschriebenen Gesetzen amerikanischer Kampagnen eine kleine Ewigkeit. Sanders pokerte, um Clinton inhaltliche Zugeständnisse abzutrotzen, offenbar mit Erfolg. Das Programm, das die Demokraten Ende Juli in Philadelphia verabschieden werden, trägt eher seine Handschrift als ihre, jedenfalls nach Lesart seiner Getreuen, die sich als wahre Sieger des Richtungsstreits geben. "Von dem, was wir erreichen wollten, haben wir weit über 90 Prozent erreicht", triumphiert Jeff Weaver, die rechte Hand des Senators.

In drei wichtigen Punkten hat er sich durchgesetzt: Während seine Gegenspielerin den gesetzlichen Mindestlohn auf zwölf Dollar (10,80 Euro) pro Stunde anheben wollte, beharrte er auf einem Minimum von 15 Dollar. So steht es nun im Programm. Auch beim Thema Studiengebühren hat sich die Partei ein beachtliches Stück in Sanders’ Richtung bewegt. Wessen Eltern weniger als 125.000 Dollar im Jahr verdienen, soll in Zukunft ein staatliches College besuchen können, ohne die oft horrend teuren "tuition fees" zahlen zu müssen. Es bedeutet, dass nur noch das oberste Siebentel der Einkommenspyramide zur Kasse gebeten wird. Sanders hatte zwar für einen kompletten Verzicht auf Uni-Gebühren geworben, mit dem Kompromiss aber kann er durchaus zufrieden sein.

Medicare-Zugang erleichtert

Auch in der Causa Krankenversicherungen ist ihm Clinton weiter entgegengekommen, als es noch vor Monaten möglich schien. Demnach sollen Bedürftige bereits mit 55 Zugang zu Medicare haben, dem steuerfinanzierten Gesundheitsprogramm für Senioren. Momentan liegt die Altersgrenze bei 65 Jahren. In der Bilanz bedeutet es einen deutlichen Linksruck in den Reihen der Demokraten, weg von den zentristischen Positionen eines Bill Clinton, hin zu Franklin D. Roosevelts New Deal, wenn nicht zur europäischen Sozialdemokratie.

Andererseits ist es Clinton gelungen, Sanders beim Thema Freihandel weitgehend abzublocken. Der Senator, so erzählen es Insider, wollte die Programmkommission darauf verpflichten, die Trans-Pacific Partnership (TPP), ein Freihandelsabkommen der USA mit anderen Pazifik-Anrainern, in Bausch und Bogen abzulehnen. Herausgekommen ist eine Passage, die TPP nicht gesondert erwähnt, sondern eher allgemein unterstreicht, dass Handelsverträge die Rechte amerikanischer Arbeiter zu schützen haben. (Frank Herrmann aus Washington, 12.7.2016)