Vorarlbergs Integrationslandesrat Erich Schwärzler hat kein Verständnis für die Entscheidung des Sozialministeriums.

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Bregenz – Auf Unverständnis stößt in Vorarlberg die Entscheidung des Sozialministeriums, die Nachbarschaftshilfe der Caritas zu stoppen. Wie DER STANDARD berichtete, muss das Integrationsprojekt für Asylsuchende nach 23 Jahren eingestellt werden. Es entspreche weder dem Ausländerbeschäftigungsgesetz noch dem Grundversorgungsgesetz, begründet das Ministerium den Schritt.

Im Rahmen der Nachbarschaftshilfe konnten sich Menschen, die sich im Asylverfahren befinden, durch Haus- und Gartenarbeiten ein Taschengeld verdienen. Da Asylsuchende keine entgeltliche Arbeit verrichten dürfen, wurden die Arbeiten über Spenden an die Caritas abgerechnet, die zweckgewidmet für die Flüchtlingshilfe verwendet wurden. Die Asylsuchenden, versichert durch die Caritas, bekamen einen Teil davon. Weit wesentlicher als die Entlohnung war aber laut Landesrat Erich Schwärzler (VP) der Beitrag zur Integration. "Das war ein ganz wichtiger Baustein in der Integrationsarbeit. Für die Entscheidung habe ich kein Verständnis."

SPÖ, Grüne: Fehlentscheidung

Daniel Zadra, Integrationssprecher der Grünen, beschreibt den Integrationseffekt: "Das Projekt hat auf mehreren Ebenen funktioniert. Menschen haben sich über die Nachbarschaftshilfe kennengelernt, bekamen Einblick in die jeweilige Kultur. Man hat sich gegenseitig geholfen." Die Entscheidung des Ministeriums komme zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt. "Asylsuchende sind nun noch mehr zum Nichtstun verpflichtet." Ziel müsse es doch sein, ihnen eine sinnvolle Tagesstruktur zu ermöglichen.

Die SPÖ Vorarlberg wurde von den Parteikollegen in Wien nicht vorab informiert. Integrationssprecherin Gabi Sprickler-Falschlunger: "Mit dieser Entscheidung, die ich für eine Fehlentscheidung halte, ist keiner Seite gedient." Die Nachbarschaftshilfe sei eine große Chance gewesen, sich zu integrieren, weil sie soziale Kontakte ermöglicht habe.

Widerstand aus Landesregierung

Landesrat Schwärzler will die Entscheidung nicht einfach hinnehmen. "Wir werden das rechtlich prüfen lassen und erheben, welche Modelle es in anderen Ländern gibt." Bei der nächsten Konferenz der Flüchtlingsreferenten soll das Thema diskutiert werden. Und: "Wir wollen in der Arbeitsgruppe, die auf Beschluss des Ministerrats einen Katalog über gemeinnützige Tätigkeiten Asylsuchender erarbeiten soll, mitreden."

Die Caritas beschränkt die Nachbarschaftshilfe nun auf Arbeiten für Gemeinden und fordert über eine Unterschriftenaktion gesetzliche Rahmenbedingungen, die Nachbarschaftshilfe ermöglichen. (Jutta Berger, 11.7.2016)