Es gibt diesen Moment, an dem die Stadt Luft holt, bevor sie sich mit Pomp und Trara in die Sommerfrische verabschiedet. Dieser Moment beginnt knapp nach Schulschluss, kann aber bis in die erste Julihälfte andauern. Die mit den Kindern und mit den Urlaubstagen verdrücken sich nach und nach an Strände, in die Berge, Wälder und Streichelzoos.

Ponys und Ziegen, die ihre innere Uhr noch nicht von Zivilisationserweichung abgestellt bekommen haben, haben schon Ende Juni vorauseilende Schweißausbrüche und Zitterhufe. Die Barbaren kommen! Aber sie haben wenigstens Karotten dabei! Die Gschaftlhuberei läuft langsam aus zu einem südländisch angehauchten Laissez-faire, oder aber schießt sie hoch zu veritablen, temperaturgetriggerten Wutausbrüchen mit angrenzender Verzweiflung.

Kulturprogramm ist noch ausreichend vorhanden, aber nicht mehr ausladend üppig, mehr Plus-Size-Model als Venus von Willendorf. Die Hitze ist noch nicht brütend, aber selbstbewusst. Menschen sitzen in Flipflops auf Plastikstühlen und schwingen sich, Aperol schlürfend, auf zukünftige Badefreuden ein. Menschen rühren lange Silberlöffelchen in Eiskaffeebechern.

Die Hunde haben nun Morgen-und Abenddienste. Zu Mittag und tagsüber bekommt man einen anständigen Hund kaum noch außer Haus, schon gar keine mit längerem, womöglich sogar schwarzem Fell. In der Nacht kuscheln sie sich aber hemmungslos an schweißfeuchte Beine und hinterlassen einen zarten Haarfilm auf frischrasierten, immer noch leicht blassen Waden.

In den Auslagen erscheinen gedeckte Erdfarben und langärmelige Modelle. Die ersten Moonboots lassen bestimmt nicht mehr lange auf sich warten. Es ist aber eh keiner da, um sich darüber aufzuregen. (Julya Rabinowich, 9.7.2016)