Im Herbst wird es eineinhalb Jahrzehnte her sein, dass die USA in Afghanistan interveniert und das Taliban-Regime gestürzt haben. Und nun kann US-Präsident Barack Obama sein Versprechen nicht halten, diesen Krieg, den er wie jenen im Irak von George W. Bush geerbt hat, bis zum Ende seiner zweiten Amtszeit in ein Endstadium zu bringen. 5500 US-Soldaten sollten Anfang 2017 am Hindukusch sein, stattdessen werden noch 8400 der jetzigen 9800 Mann bleiben.

Auch 8400 sind nicht viele – manchen US-republikanischen Politikern viel zu wenige. Aber zum Gesamtbild gehört auch die erneute Lockerung des Mandats für die US-Truppen im Mai, das sie wieder vermehrt in direkten Feindkontakt bringt. Es ist ein Eingeständnis, dass die afghanischen Truppen nicht so weit sind, und das wird sich innerhalb von ein paar Monaten nicht ändern.

Die Lage ist nicht einfacher geworden: Al-Kaida ist zwar geschwächt, aber nicht geschlagen, und als neuer, mächtiger Spieler tritt der "Islamische Staat" auf, dem es auch in Afghanistan und Pakistan gelingt, Kräfte auf seine Seite zu ziehen. Die Taliban haben als lokales Phänomen, das in Teilen der paschtunischen Stammesbevölkerung weiter Rückhalt hat, überlebt. Die Zeiten sind längst vorbei, in denen sie von den USA ganz einfach mit Al-Kaida gleichgesetzt wurden. Sie werden bekämpft – aber gleichzeitig zu Verhandlungen eingeladen. (Gudrun Harrer, 7.7.2016)