Wien – Das Brexit-Referendum hat auch die Kluft in der Bewertung der europäischen Integration zwischen den Altersgruppen aufgezeigt. In Österreich stellt sich die Situation ähnlich dar, wie eine Umfrage der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE) illustriert: Während die Ablehnung der EU mit dem Alter zunimmt, sieht ein große Mehrheit der Jugendlichen die Union positiv – aber "kompliziert".

Die österreichweite ÖGfE-Umfrage, die unter 1.712 Jugendlichen im abgelaufenen Schuljahr hauptsächlich an AHS und BHS durchgeführt wurde, ergab, dass 60 Prozent der befragten Jugendlichen die EU-Mitgliedschaft Österreichs als "gute Sache" betrachten, 10 Prozent sehen sie als "schlechte Sache", 29 Prozent halten sie für "weder gut noch schlecht". Je jünger die Befragten sind, desto positiver beurteilen sie die Mitgliedschaft.

Österreichische Politik interessanter

Das Interesse an der heimischen Politik ist allerdings unter den Jugendlichen deutlich höher als an jenem auf europäischer Ebene. Insgesamt 79 Prozent sagen, dass sie am politischen Geschehen in Österreich "sehr" (33 Prozent) bzw. "eher schon" (46 Prozent) interessiert sind. Rund ein Fünftel zeigt sich "eher nicht" (16 Prozent) bzw. "gar nicht" interessiert (5 Prozent). Das politische Geschehen in der EU weckt das Interesse von insgesamt 57 Prozent der Befragten (16 Prozent "sehr interessiert", 41 Prozent "eher interessiert"). 43 Prozent zeigen dagegen eher kein (32 Prozent) bzw. überhaupt kein Interesse (11 Prozent).

Die Ursache dafür könnte darin liegen, dass 77 Prozent die EU für "kompliziert" (12 Prozent "einfach") halten. 55 Prozent sehen sie als "schwach" (34 Prozent "stark"), als "fremd" wird sie von 46 Prozent betrachtet (37 Prozent "vertraut").

"Angreifbarer machen"

"Ziel muss es sein, die EU – insbesondere für junge Menschen – wesentlich angreifbarer zu machen", schließt daraus Paul Schmidt, Generalsekretär der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE). "Beschlüsse, die auf europäischer Ebene gefällt werden, werden nach wie vor selten mit der eigenen Lebenssituation in Verbindung gebracht. Als Konsequenz – wie das Beispiel Großbritannien, aber auch vergangene EU-Wahlen gezeigt haben – machen besonders die Jungen zu wenig von ihrem Wahlrecht Gebrauch."

Politische Abläufe und Entscheidungsmuster müssen vereinfacht und klarer kommuniziert werden, fordert Schmidt in einer Aussendung. Neben dem verstärkten Einsatz von Social Media und der Möglichkeit, elektronisch an Wahlen teilzunehmen, wären ein Schulfach "Europa" und ein verstärkter Austausch mit Jugendlichen aus anderen europäischen Ländern weitere wichtige Schritte in die richtige Richtung.

Die Umfrage wurde im Rahmen der Wanderausstellung "EUROPA#wasistjetzt" österreichweit im Zeitraum September 2015 bis Juni 2016 durchgeführt. 1.712 Jugendliche an 23 Schulen wurden schriftlich befragt. 18 Prozent der Befragten waren 15 Jahre oder jünger, 70 Prozent 16 bis 18 Jahre und 11 Prozent 19 Jahre und älter; Überhang an Teilnehmerinnen (59 Prozent); Einbezogene Schultypen (52 Prozent AHS, 45 Prozent BHS und 3 Prozent Berufs-, Fachschule). (APA, 6.7.2016)