Die Regierungsspitze gab sich am Montag bei der Präsentation des Wirtschaftsberichts betont optimistisch, ja harmonisch. Ganz so, als würden Kanzler und Vizekanzler die eigene gute Laune auf die heimischen Unternehmen übertragen wollen. Christian Kern (SPÖ) sah Licht am Arbeitsmarkt, die Beschäftigung laufe besser, beim Wachstum hole man auf, die Ausgaben für die Pensionen seien niedriger als erwartet. Dass dem Land etwas Optimismus nicht schadet, bestätigten anwesende Ökonomen. Die Stimmung sei schlechter als die Lage.

Die Regierungsspitze gab sich am Montag harmonisch. Reinhold Mitterlehner (links) mit Christian Kern.
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Auch Reinhold Mitterlehner (ÖVP) stimmte ein, bei der Forschung sei Österreich in einigen Bereichen nach einer Durststrecke zurück auf dem Weg zur Weltspitze. Die beiden Parteichefs sparten sich auch gegenseitige Spitzen, betonten vielmehr die Stärkung des Wirtschaftsstandortes als gemeinsames, großes Projekt. So weit das Bild nach außen.

Fünf Wochen nach dem Wechsel an der Regierungsspitze ist aber nicht alles eitel Wonne. Die Verhandlungen für erste gemeinsame Reformvorhaben verlaufen zum Teil zäh, berichten Insider. "Die Spitzen machen auf Harmonie, die Leute dahinter können sich aber nicht mehr riechen", formuliert es einer. Für den Ministerrat am Dienstag – oder spätestens für nächste Woche – hat man sich aber einige Punkte vorgenommen. DER STANDARD gibt einen Überblick über die diskutierten Vorhaben:

Gewerbeordnung

Wer Werber und Texter sein will, braucht derzeit noch zwei Gewerbescheine. Das könnte sich ändern.
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Bei der Gewerbeordnung sollen zunächst Eckpfeiler definiert werden, in welchen Bereichen es noch reglementierte Gewerbe braucht. Nur wenn es der Schutz der Konsumenten oder Sicherstellung der Lehrlingsausbildung erfordern, soll ein Gewerbe reglementiert werden. Welche der derzeit 82 reglementierten Gewerbe gestrichen werden können, soll dann bis Herbst definiert werden.

Erleichterungen könnte es im Bereich der freien Gewerbe geben. Derzeit benötigt man bei artverwandten Bereichen zwei Gewerbescheine – also etwa als Werber und Texter. Künftig könnte es einen einheitlichen Gewerbeschein geben. Offen war aber noch, ob dann auch nur einmal die Kammerumlage anfällt (was natürlich Einbußen für die Wirtschaftskammer bedeuten würde).

Start-ups

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Jungen Unternehmern soll in Österreich öfters das Licht aufgehen, die Regierung will Start-ups fördern.
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Finanzminister Hans Jörg Schelling und Mitterlehner haben bereits angekündigt, dass Investitionen in Start-ups steuerlich begünstigt werden sollen. Über das konkrete Modell wurde am Montag noch verhandelt. Eine weitere Idee: Die Lohnnebenkosten sollen gesenkt werden, indem für die ersten drei Mitarbeiter von Start-ups drei Jahre lang keine oder reduzierte Dienstgeberbeiträge anfallen. Auf bürokratischer Ebene sollen die Firmengründer entlastet werden, indem nach slowenischem Vorbild alle Anmeldeformalitäten über eine Stelle ablaufen.

Sozialversicherung

Bei der Reform der Sozialversicherung soll zu Beginn nur eine Studie in Auftrag gegeben werden.
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Bereits kurz nach der Angelobung von Kern als Kanzler wurde vereinbart, Effizienzsteigerungen bei den Sozialversicherungsträgern zu prüfen. Dazu ist eine Studie geplant. Viel weiter als bei der Absichtserklärung ist man aber noch nicht. Gefeilscht wurde sogar noch, wie genau nun der Studienauftrag lauten soll. Die Fronten verlaufen hier nicht nur zwischen SPÖ und ÖVP, sondern auch innerhalb der Parteien. Sozialminister Alois Stöger (SPÖ), der selbst lange in der Gebietskrankenkasse Oberösterreich tätig war, wird nachgesagt, gar kein vehementer Gegner von Zusammenlegungen zu sein.

Andere in der SPÖ sehen das weniger entspannt. Zumal der Teufel, wie immer, im Detail steckt. Das eigentliche Problem sei die Kompetenzzersplitterung zwischen Bund und Ländern – und dass dieses heiße Eisen angegriffen wird, wird eher bezweifelt. Schließlich ist man mit der Neuregelung von Bund-Länder-Kompetenzen schon in anderen Bereichen wie bei den Schulen gescheitert.

Was das Effizienzthema bei den Sozialversicherungsträgern vor allem auf schwarzer Seite noch verkompliziert, sind die Sonderregelungen von Beamten, Bauern und Selbstständigen. "Die Zusammenlegung der Kassen der Bauern und Gewerbetreibenden ist schon einmal grandios gescheitert", erinnert ein Experte.

Abschreibungen

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Die Anschaffung eines Computers gilt für Firmen steuerlich als Investition, die gewinn- und steuermindernd abgeschrieben wird.
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Offensiv in Diskussion eingebracht wurde von Kern eine Entlastung der Unternehmen über eine degressive Abschreibung (DER STANDARD berichtete). Statt gleichmäßig über sieben Jahre könnten Abschreibungen in den ersten Jahren stärker und später in geringerem Ausmaß vorgenommen werden. Was technisch klingt, würde den Betrieben eine Entlastung und somit Spielraum für Investitionen schaffen.

Auch wenn der Vorschlag ursprünglich aus der Wirtschaftskammer kam, gab es in der ÖVP auch andere Strömungen. Alternativ dazu wurde eine Investitionszuwachsprämie diskutiert. Dieses Modell gab es bereits zu Beginn des Jahrtausends. Die Idee: Betriebe, die im Vergleich zum Durchschnitt der letzten Jahre mehr investieren, bekämen eine steuerliche Begünstigung (von 2002 bis 2004 waren es zehn Prozent)

Nach jahrelangen Verhandlungen dürfte das Thema Bankensteuer bereinigt werden. Und endlich loslegen soll auch eine Wohnbaubank, deren Aufgabe die Ankurbelung von Bauinvestitionen ist. Die wurde schon zig Mal von Rot-Schwarz verkündet und beschlossen. Das einzige Problem dabei: Gegründet wurde sie noch immer nicht. (Günther Oswald, Andreas Sator, 4.7.2016)