Wien – Die siebenteilige Notenskala in der dritten und vierten Klasse der Neuen Mittelschulen (NMS) könnte schon bald Vergangenheit sein. Für Lehrer und Eltern ist sie unverständlich, schon Ex-Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) hat laut über ihre Abschaffung nachgedacht. Im Bildungsministerium arbeitet nun eine Arbeitsgruppe an einer faireren Beurteilung für die gesamte Sekundarstufe.

Man habe sich zum Ziel gesetzt, Noten in der Sekundarstufe (NMS, AHS, berufsbildende mittlere und höhere Schulen, Berufs- und Polytechnische Schulen) transparenter und fairer zu machen. "Ein burgenländischer Zweier soll genauso viel wert sein wie ein oberösterreichischer", heißt es aus dem Bildungsressort zur APA. Die Arbeitsgruppe – bestehend aus Pädagogen aus der Schulpraxis sowie Experten der Uni Linz und der Pädagogischen Hochschule (PH) Oberösterreich – soll dafür sogenannte Kompetenzraster für jeden Gegenstand und jede Schulstufe entwickeln, die definieren, was ein Schüler etwa für ein "Sehr gut" können muss.

Auch klassische Noten möglich

Am Ende dieses Prozesses werde sicher keine völlig neue Notenskala stehen, betont man im Ministerium. Ein mögliches Ergebnis wäre aber, dass auch an den NMS in allen Fächern wieder eine klassische Beurteilung von "Sehr gut" bis "Nicht Genügend" im Zeugnis der dritten und vierten Klasse steht. Die Arbeitsgruppe soll nun zunächst das Kompetenzraster erstellen, das im nächsten Schuljahr (2016/17) auf seine Praxistauglichkeit getestet wird. Frühestens 2018/19 könnte dann die neue Benotung in allen Sekundarstufen umgesetzt werden – und die siebenteilige NMS-Notenskala fallen.

Das NMS-Benotungssystem war von Beginn an umstritten. Eingeführt wurde es gemeinsam mit einem eigenen Lehrplan, als die NMS 2012 vom Schulversuch zur Schulform wurde: In der dritten und vierten Klasse NMS wird in Deutsch, Mathematik und Englisch zwischen "grundlegender" und "vertiefter Allgemeinbildung" unterschieden. Ob jemand in diesen Fächern nur die Basisbildung oder – entsprechend den Bildungszielen der AHS-Unterstufe – darüber hinausgehende, komplexere Sachverhalte beherrscht, wird auch im Zeugnis ausgewiesen. Wer in allen differenzierten Fächern, in denen die Schüler von zwei Lehrern auf unterschiedlichem Niveau unterrichtet werden, "vertieft" abschließt, ist zum Übertritt in AHS oder berufsbildende höhere Schulen (BHS) berechtigt.

Schwer zu durchblicken

In der Praxis führt das System zu sieben Noten: Bei der vertieften Bildung reicht sie de facto nur von "Sehr Gut" bis "Genügend", denn ein "Nicht Genügend" in diesem Beurteilungsschema entspricht einem "Befriedigend" nach "grundlegender Allgemeinbildung". Die Skala bei der "grundlegenden Allgemeinbildung" reicht indes nur von "Befriedigend" bis "Nicht Genügend". Das Problem dabei: Niemand durchschaue das neue System, kritisieren Pflichtschullehrervertreter Paul Kimberger (Fraktion Christlicher Gewerkschafter/FCG) und Christian Morawek, Sprecher der Elternvereine an den Pflichtschulen, im APA-Gespräch.

"Selbst Fachleuten fällt es schwer, das so zu erklären, dass Schüler, Eltern oder auch Betriebe durchblicken", kritisiert Kimberger. Die Wirtschaftskammer Salzburg etwa sah sich deshalb gezwungen, eine Art Übersetzungshilfe an ihre Mitglieder zu verschicken, berichtet er. Kimberger fordert eine Rückkehr zur fünfteiligen Notenskala – der Unterschied zwischen grundlegender und vertiefender Bildung müsse sich allerdings im Zeugnis widerspiegeln. Vorstellbar wäre für ihn auch, dass die NMS – wie künftig Volksschulen – zwischen Ziffernnoten und verbaler Beurteilung wählen dürfen. Allerdings müsste auch diese standardisiert erfolgen; "jede Menge Prosa, aus der nichts abgeleitet werden kann", nutze schließlich niemandem.

NMS-Schüler: Bei Wechsel an höhere Schulen benachteiligt

Elternsprecher Morawek wünscht sich ebenfalls ein Aus der siebenteiligen Notenskala – auch weil durch diese NMS-Schüler beim Übergang an höhere Schulen benachteiligt würden. Während ein AHS-Schüler bei Fünfern im Zeugnis die Möglichkeit hat, die Klasse zu wiederholen und seine Note zu verbessern, wird ein NMS-Schüler nach dem derzeitigen System in die grundlegende Beurteilung abgestuft und hat damit kaum Chancen auf einen Platz an einer AHS-Oberstufe oder BMHS. "Man sieht ja nicht, ob jemand zuerst auf dem vertiefenden Niveau war und dann zurückgestuft wurde oder ob er von Anfang an nur nach der grundlegenden Bildung beurteilt wurde." Stattdessen solle generell auf verbale Beurteilung umgestellt werden, aus der genau erkennbar ist, bis zu welchem Niveau der Schüler den Stoff verstanden hat und wo es noch Probleme gibt. Damit soll verhindert werden, dass leistungsschwächere Schüler ständig "Nicht Genügend" kassieren und so in einen Abwärtsstrudel geraten. Ziel müsse sein, dass die Beurteilung einer weiterführenden Schule oder einem künftigen Arbeitgeber ein Bild über die Fähigkeiten des Schülers gibt, zur Schnellorientierung und auch als Berechtigung für weiterführende Schulen könne auch eine Ziffernnote in Klammer danebenstehen. (APA, 30.6.2016)