Bewegung in der Schwangerschaft ist wichtig. Steigt die Herzfrequenz der Mutter aber um mehr als 60 Prozent, löst das beim Fötus Stress aus.

Foto: http://www.istockphoto.com/Willowpix

Bewegung ist für schwangere Frauen – und ihre ungeborenen Kinder – gut, sind sich Experten einig: So werden Leistungsfähigkeit und das Wohlbefinden gesteigert. Außerdem wird damit Komplikationen wie Schwangerschaftsdiabetes vorgebeugt. Wichtig ist aber: Die Bewegung soll in moderater Intensität erfolgen, zum Beispiel in Form von Nordic Walking oder Schwimmen.

Das beherzigen nicht alle, wie man auf der Foto-Plattform Instagram sieht. Dort präsentieren sich Schwangere stolz beim Gewichtestemmen oder Intervalltraining.

Bei solchen Fotos kann die Physiologin Christa Einspieler von der Medizinischen Universität Graz nur den Kopf schütteln: "Alles, was zu extrem ist, ist schlecht." Denn selbst wenn diese Frauen Profis sind und daher wohl auch vor der Schwangerschaft schon in sehr guter körperlicher Verfassung waren: Ihre Fotos werden tausendfach kommentiert und bewertet – und setzen andere Schwangere damit unter Druck.

Und das könnte gefährlich sein: Bei untrainierten Menschen steigt die Herzfrequenz beim Sport nämlich viel stärker an als bei Trainierten. "Und Studien haben bewiesen: Eine Steigerung der Herzfrequenz der Mutter um mehr als 60 Prozent löst beim Fötus Stress aus", sagt Einspieler.

Langzeitstudien fehlen

Das bedeutet: "Die Herzfrequenz des ungeborenen Kindes geht in solchen Situationen entweder hinauf oder hinunter", erklärt Einspieler. Beides ist auf lange Sicht nicht gut. "Man kennt das auch von hochschwangeren Frauen, die in die Disco gehen: Im Extremfall hören die fötalen Bewegungen dann für bis zu 24 Stunden ganz auf", so Einspieler.

Welche Auswirkungen das hat, ist nicht erforscht. Was man aber weiß: Ist eine Schwangere tatsächlich lebensbedrohlichem Stress ausgesetzt – also, beispielsweise in einem Kriegsgebiet – neigt das Kind später eher zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Als besonders problematisch erachtet die Expertin Training im anaeroben Bereich – also in der höchstmöglichen Belastungsintensität, denn dabei übersäuern die Muskeln: "Die Mutter kann diese Milchsäure wieder ausscheiden, der Fötus aber nicht."

Moderates Training

"Intensives Krauftaufbautraining ist sicher nicht empfehlenswert", sagt auch Philipp Klaritsch von der Universitätsklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe in Graz. Ausdauertraining sowie moderates Krafterhaltungstraining seien bei Sportlerinnen während der Schwangerschaft aber akzeptabel.

Das deutsche Netzwerk "Gesund ins Leben" empfiehlt Schwangeren "mindestens 30 Minuten am Tag an möglichst vielen Tagen in der Woche" in Bewegung zu sein. Dabei seien leichtes Schwitzen und verstärkte Atmung gut, eine einfache Unterhaltung sollte aber noch möglich sein. Von neuen Sportarten mit ungewohnten Bewegungsabläufen wird abgeraten.

Wird Sport zu exzessiv betrieben, dann drohen laut Klaritsch Verletzungen: "Die Kreislaufsituation in der Schwangerschaft ist deutlich anders, so dass es zu Kreislaufproblemen mit Kollaps kommen kann", sagt Klaritsch. Vor allem im Beckenbereich würden sich die Bänder für die Geburt verändern, was zu Instabilität führen kann. Ein zu extremes Ausdauertraining – vor allem in Verbindung mit speziellen Diäten – kann außerdem zu einer Mangelversorgung des Fötus führen, warnt Klaritsch.

Fragen zu Sport kämen "eher von extrem körperbewussten oder besonders sportlichen schwangeren Frauen". Gewichtszunahme sei jedoch immer ein Thema und gelegentlich auch mit Angst vor zu großer Gewichtszunahme behaftet. "Medizinisch gilt: Je höher das Ausgangsgewicht, desto niedriger soll die Gewichtszunahme während der Schwangerschaft sein", so Klaritsch. Eine Zunahme zwischen neun und 12 Kilo gilt als normal.

In alter Form

Von Sport und Bewegung rät der Gynäkologe nur in seltenen Fällen ab, etwa bei Komplikationen wie drohender Fehl- oder Frühgeburt, signifikanter Gebärmutterhalsverkürzung, vaginalen Blutungen oder unmittelbar nach Eingriffen während der Schwangerschaft.

Nach der Geburt sei ratsam, auf intensives Laufen oder den Beckenboden belastendes Training zu verzichten. Dafür sei ein Beckenbodentraining unter Anleitung einer Physiotherapeutin oder einer Hebamme von Beginn an empfehlenswert, ebenso wie Spazierengehen, Nordic Walken, Radfahren und Schwimmen. Ins intensive Lauftraining sollte überhaupt frühestens nach sechs Monaten wieder eingestiegen werden, so Klaritsch.

Auch das wird nicht von allen beherzigt, wie ein Blick in soziale Netzwerke beweist. Dort gönnen sich junge Mütter auch nach der Geburt keine Pause und präsentieren sich schon wenige Tage später in alter Form – manche sogar mit Sixpack. (Franziska Zoidl, 10.7.2016)