Burkhard Spinnen bei seiner Klagenfurter Rede zur Literatur.

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Die Tasche zum Wettbewerb trägt heuer eine lila Jahreszahl.

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Klagenfurt – Statt der gewohnten Stellwände bilden weiße Vorhänge heuer die Kulisse, in der am Mittwochabend im mit 160 Plätzen voll besetzten ORF-Landesstudio Kärnten die 40. Tage der deutschsprachigen Literatur eröffnet wurden. Beim Livepublikum sichtlich ungebrochen beliebt, sei der Bewerb in einer "transitorischen Situation", begrüßte Christian Ankowitsch, Moderator der kommenden Lesetage: Er stehe vor der Herausforderung, in Würde zu altern.

Neben den Vorhängen ein weiteres bereits sichtbares Facelift auf dem Weg dorthin: Die erstmalige flächendeckende Begleitung des Bewerbs in den sozialen Medien Facebook und Twitter unter #tddl16. Und: Die gewohnte Publikumstribüne wurde entzweigespalten. Jury und Autor sitzen jetzt, wie hineingetrieben, in einem Keil dazwischen. Neue Aus- und Einblicke soll das bieten.

Stefanie Sargnagel eröffnet

Ob dem so ist, zeigt sich seit Donnerstag. Die Lesungen von Autoren mit Österreich-Bezug ließen nicht lange auf sich warten: Stefanie Sargnagel eröffnete gleich als Erste. Marko Dinic mit dem serbischen Pass, in Wien geboren und in Salzburg lebend, folgte ihr um 12 Uhr. Bastian Schneider aus Deutschland, der an der Angewandten Sprachkunst studiert hat und unter anderem in Wien lebt, komplettiert dann um 13.30 Uhr.

Juryvorsitzender Hubert Winkels betonte indes in seiner Eröffnungsrede das Antreten des Bachmannpreises gegen Markt, Spaßkultur und ideologische Sprachverhunzung durch die Politik, die ihm noch nie so drastisch vorgekommen sei wie dieser Tage. Und zog damit einen Bogen zur Gruppe 47, die damals nach dem Krieg gegründet worden war, um die Sprache zu erneuern. "Große Öffentlichkeit" und "subtile Beobachtungen" spannte er weiters als Erwartungsnetz für die kommenden Tage auf.

Kritik als Demutsübung

Burkhard Spinnen, ehemaliger Juryvorsitzender und zwecks Haltens der Klagenfurter Rede zur Literatur nach seinem Juryausscheiden vor zwei Jahren an den Wörthersee zurückgekehrt, näherte sich in einem persönlichen Problembericht dem Mythos der oft unterstellten "Vernichtungsschlacht" Bachmannpreis und der Tätigkeit als Juror. Texte falteten sich potenziell unendlich auf in der Anzahl ihrer Rezipienten, so Spinnen. Ein Dilemma, für das es keine angemessene Lösung gebe, nannte er den Juryentscheid. Auch die Erfahrung der Kritik als Demutsübung betonte er. Und er schätze am Bachmannpreis neben alldem genauso den Erfolg, den man dort haben könne – ganz abgesehen von Quantitäten in Euros und Cents.

Weiters zu vermelden: eine Kaskade von Finanzierungszusagen der Sponsoren für das kommende Jahr. Also gehen wir nun beruhigt in dieses. Und tragen Spinnens Wunsch an die Zukunft der TddL mit: künstlerisches Risiko zu nehmen. (wurm, 29.6.2016)