Besonderer Stil: David Gilmour – der Gitarrist als Sänger.

APA/GEORG HOCHMUTH

Wien – Es war einmal, und es war schön abgehoben. Damit die hymnischen Klangepen von Pink Floyd – mit ihren surrealen filmischen Alltagsverfremdungen – aber nicht in den unendlichen Weiten des Weltraums träumend verlorengehen, wurde ihnen bluesige Schwermut zuteil. Sie fußte auf simpler harmonischer Struktur, die etwa in ihrer Mollvariante einen Song wie Money prägte, obwohl der 7/4-Takt natürlich exzentrisch war.

Vornehmlich war allerdings – nicht nur auf der Money-Einspielung auf Dark Side of the Moon – die auratische Gitarre von David Gilmour jener seidene Faden, an dem diese Schwebemusik noch Kontakt zur Erde hielt. Und obwohl Pink Floyd längst nur noch Musikgeschichte sind, an der Sonderrolle von Gilmours sechs Saiten hat sich nichts geändert.

Mitten in Money inszeniert der Mann, der freundlich wirkt, aber kaum spricht, dafür gerne zwischen Nummern eine Teepause einlegt, vor Schloss Schönbrunn bei recht schönem Wetter eine kleine Session.

Das Besondere

Mit Kollegen tauscht er Licks aus, während der unablässige Trockeneisnebel sich vom Wind seine Form einflüstern lässt. Es sind Momente, in denen der feine Unterschied zwischen "gut" (Kollegen einer kompakten Band) und "besonders" (Gilmour) demonstriert wird. Der Brite hat Wesentliches mit Trompeter Miles Davis, Saxofonist Paul Desmond, Sänger Little Jimmy Scott oder auch Gitarrist B. B. King gemein: Mit einem Ton transferiert er – wie diese einst – seine Musikumgebung auf eine edlere Ebene, verleiht er jedweder Musiksituation etwas Unalltägliches.

DavidGilmourOnVEVO

Sein Stil ist gelassen, dabei aber sehr genau in der Behandlung eines Tones. Durch Glissandi, Saitenziehen und Vibrato angereichert, erlangen Töne jenes melancholische Etwas, das Gilmours Stil Sanglichkeit verleiht. Einerlei, dass die Stücke der Solo-CD Rattle That Lock solide Meterware sind, die das Konzert einschläfern. Wer bei Gitarren nicht prinzipiell einen Antipathieausschlag erleidet, wird über das kompositorische Mittelmaß durch den traurigen Gedanken, den Gilmoure spielt, diskret getröstet.

Und ist es dann so weit, landet also die gute alte Zeit mit Nummern wie Wish You Were Here oder Us And Them vor Schönbrunn, während auf der kreisförmigen Floyd-Videowand alte Filme laufen, erwacht ein alter Zauber – unpeinlich nostalgisch.

Auch bei dem endlosen Meisterstück Shine On You Crazy Diamond (von Wish You Were Here, 1975): Über dem malerischen Synthieton der Unendlichkeit erhebt schließlich wieder dieser Gitarrengesang seine süße Klage, und es stellt sich ein Hauch von Gewissheit ein. Solange Gilmour, nunmehr 71, noch da ist mit seinen kostbaren Aphorismen, solange verweilen die 1970er-Jahre trostvoll auf Erden. (Ljubisa Tosic, 29.6.2016)