Die Frage des richtigen Schuhs ist auch eine Frage der Sicherheit. Ebenso, dass nur rutschsichere Böden verlegt werden. Arbeitsinspektoren schauen darauf.

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Wien – Dass in Österreich ein Vorsorgeprinzip zur Anwendung kommt, das für alles und jedes eine Regelung vorsieht, ist bekannt. Wie sehr dieses Prinzip Eingang gefunden hat in die Welt der Arbeitsinspektion, zeigt die Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage durch Sozialminister Alois Stöger (SPÖ). Die ÖVP-Abgeordneten Kathrin Nachbaur und Peter Haubner haben darin 17 Fälle von Arbeitsinspektionen zusammengetragen, bei denen, so die Abgeordneten, "völlig lebensfremd, bürokratisch oder sogar schikanös" vorgegangen wurde. Das Fazit der Parlamentarier: "Der Amtsschimmel wiehert im Arbeitsinspektorat."

Da wird zum Beispiel der Fall eines Kaffeehausbesitzers geschildert, der in seinem Lokal einen Fliesenboden verlegen ließ. Die Fliesen hinter der Schank waren aber dem Arbeitsinspektorat ein Dorn im Auge: zu hart für die Bediensteten, die schließlich lang darauf stehen müssen. Da man sich nicht auf das richtige Schuhwerk einigen konnte – Birkenstocksandale oder Arbeitsschuh? -, wurde ein Teppichboden hinter die Schank gelegt. Damit aber war wiederum der Lebensmittelinspektor, der einige Zeit später vorbeikam, nicht einverstanden.

Richtige Beschaffenheit des Bodens

In einem anderen, ähnlich gelagerten Fall waren sich Arbeitsinspektorat und Marktamt nicht einig darüber, ob der Boden die richtige Beschaffenheit aufweist. "Fußbodenoberflächen sind so zu gestalten, dass sie befestigt, trittsicher und rutschhemmend sind", erklärt das Sozialministerium mit Verweis auf die Arbeitsstättenverordnung.

Man müsse halt Böden anschaffen, die beiden Vorgaben genügen – den Hygieneanforderungen ebenso wie der Vermeidung von Unfällen, heißt es im Sozialministerium. Grundsätzlich sollten sich die Inspektorate mehr auf Beratung und praxisorientierte Lösungen verlagern, schlägt Haubner, auch Generalsekretär des VP-Wirtschaftsbundes, vor. Die vielen, auch widersprüchlichen Auflagen hemmten "wirtschaftliche Initiativen und damit Wachstum und Beschäftigung".

Weniger Arbeitsunfälle

Im Sozialministerium lässt man dies naturgemäß nicht gelten. Seit Inkrafttreten des Arbeitnehmer/ innenschutzgesetzes im Jahr 1995 sei ein Rückgang bei den Arbeitsunfällen zu beobachten. Seit dem Jahr 2000 seien die Arbeitsunfälle um 18 Prozent zurückgegangen.

Einige Beispiele aus der Welt des Inspektoratewesens betreffen Arbeitszeiten, und zwar sehr häufig bei Teilzeitjobs. Da wird ein Fall geschildert, bei dem eine Frau in einem Bäckerladen sechseinhalb Stunden pro Tag arbeitet. Da aber bei einer Tagesarbeitszeit von mehr als sechs Stunden eine Ruhepause von mindestens einer halben Stunde eingelegt werden muss, dauert die Arbeitszeit der Frau sieben Stunden: sechs Stunden plus eine halbe Stunde Pause plus eine halbe Stunde Restarbeitszeit. Und dies muss mittels Zeitaufzeichnungen penibel belegt werden.

Teilzeit und Arbeitsrecht

Ein anderer, mindestens ebenso verquerer Fall: Ein Friseurlehrling arbeitet am Samstag bis 14 Uhr, und am Montag hat er Berufsschule. Da der Lehrling die vorgeschriebene Wochenendruhe nicht eingehalten hat, wird der Dienstgeber bestraft. Das Sozialministerium antwortet in der Anfragebeantwortung damit, dass es sehr wohl Möglichkeiten gibt, einen Jugendlichen an einem Samstag zu beschäftigen und am Montag in die Berufsschule zu schicken. Wie überhaupt, moniert der Minister, die Beispiele "abstrakte Fälle" sind, ohne Angabe von Zeitpunkt, Ort und Arbeitsinspektorat. Die Sachverhalte ließen sich so nicht prüfen oder verifizieren. "Den Vorwurf einer lebensfremden, bürokratischen oder schikanösen Anwendung der Arbeitnehmer/innenschutzvorschriften weise ich entschieden zurück." Auch gebe es keinen "Leistungsnachweis", so der Minister, also eine Art Liste, bei der die Inspektoren angehalten werden, möglichst viele Mängel zusammenzutragen.

Kritik am Gesetz

Es gibt 320 Arbeitsinspektoren, sagt Anna Ritzberger-Moser, Leiterin der Sektion Arbeitsrecht im Sozialministerium, da können Fehler passieren. Allerdings zeigten die Beispiele, dass es Kritik am Gesetz gebe – und nicht so sehr an der Vorgangsweise der Arbeitsinspektoren. "Wir sind verpflichtet, die Gesetze zu vollziehen." (Johanna Ruzicka, 28.6.2016)