Wien – Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) hat sich am Sonntag in der ORF-"Pressestunde" einmal mehr "enttäuscht" über die "Schlampereien" bei der Bundespräsidenten-Stichwahl gezeigt. Die Briefwahl-Reform solle man zu Herbstbeginn angehen. Der Minister sprach sich einmal mehr dafür aus, die Briefwahlstimmen schon am Wahlsonntag auszuzählen.

Nachdem die FPÖ die Wahl angefochten hat, prüft derzeit der Verfassungsgerichtshof die behaupteten Unregelmäßigkeiten. Bisher lieferten die Zeugenbefragungen zwar keine konkreten Hinweise auf Manipulationsversuche, brachten aber zahlreiche Formalfehler ans Licht. Sobotka sieht bezüglich der Schlampereien Verantwortung auf allen Ebenen, er betonte aber, dass es von seinem Ressort zur Vorbereitung einen Leitfaden gegeben habe.

Wenn das derzeitige Gesetz – wie einige Zeugen angaben – so nicht vollziehbar wäre, würde er den Gesetzgeber aufmerksam machen und Vorschläge machen, meinte Sobotka. Er glaube allerdings, es handle sich um eine "Schutzbehauptung", sagte Sobotka. Das Gesetz sei vollziehbar. "Es haben ja sehr viele sehr korrekt gehandelt", auch Bezirkswahlbehörden mit mehr Wahlkarten hätten es geschafft, "das ist eine Frage der Organisation". Druck seitens des Innenministeriums wies der Ressortchef zurück.

Schlampereien als Usance

Dass Zeugen angegeben haben, man habe bei den Briefwahlstimmen immer schon so gehandelt, sei "noch schlimmer", findet Sobotka. "Solche Schlampereien dürfen in einer entwickelten Demokratie keinen Platz haben." Neben verpflichtenden Schulungen soll es jedenfalls auch eine Reform des Wahlgesetzes geben, wobei Sobotka dazu aufs Parlament verweist.

Der Innenminister pochte auf ein zentrales Wählerregister und plädierte dafür, dass Briefwahlstimmen bis Freitag vor der Wahl einlangen müssen und bereits am Wahlsonntag mitausgezählt werden. Einschränkungen der Briefwahl, wie sie etwa die FPÖ will, kann er hingegen nichts abgewinnen. Auch zum Thema E-Voting äußerte er sich zurückhaltend.

Falls es zur einer Wiederholung der Wahl komme, wäre das "blamabel", befand Sobtoka einmal mehr. Eine Einschätzung war ihm aber nicht zu entlocken, nun sei der VfGH am Zug. Auch bei den im Raum stehenden Schadenersatzforderungen müsse der Gesetzgeber entscheiden.

Was die Stimmung in der Koalition angeht, gestand Sobotka der SPÖ zu, "natürlich war jetzt der Parteitag das Zentrale". Er erwarte, dass man dazu übergehe, "nicht nur Antrittsbesuche zu machen", sondern an Lösungen zu arbeiten. Zur Frage möglicher Neuwahlen erinnerte Sobotka daran, wie wichtig der ÖVP Themen wie eine Reform der Mindestsicherung – etwa eine Deckelung – seien. Er werde aber alles daran setzen, bis 2018 die brennenden Probleme zu lösen, versicherte der Innenminister.

FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl zeigte sich in einer Aussendung enttäuscht. "Mit ein paar kosmetischen Korrekturen bei der Auszählung der Briefwahlstimmen kann es nicht getan sein", so Kickl. Die Briefwahl sei nämlich ein von Anfang bis Ende fehleranfälliges System. (APA, red, 26.6.2016)