London/Wien – Die Wissenschafter waren die vielleicht engagierteste Berufsgruppe, die gegen einen Austritt Großbritanniens mobil machte. 150 der klügsten britischen Köpfe wie der Physiker Stephen Hawking hatten in einem offenen Brief gegen den Brexit argumentiert – vergeblich.

Dass sich im Vorfeld bei einer Befragung gleich 80 Prozent der befragten 666 Wissenschafter für einen Verbleib in der EU ausgesprochen hatten, lag nicht allein am durch und durch "grenzenlosen" Wesen der Wissenschaft und den ausgeprägten internationalen Kollaborationen. Die Pro-EU-Haltung hat auch ganz handfeste finanzielle Gründe: Großbritannien war zwar insgesamt Nettozahler, holte sich aber nicht weniger als 1,5 Milliarden Euro aus EU-Töpfen, was rund 16 Prozent des britischen Uni-Budgets ausmachte.

Kooperationen mit ungewisser Zukunft

Bei den hoch dotierten Grants des Europäischen Forschungsrats ERC waren die Wissenschafter in Großbritannien (davon viele aus der EU, die auf die Insel übersiedelt waren) von Beginn an die erfolgreichsten Einreicher. Doch genau das ist nun ebenso in Gefahr wie die britische Beteiligung am Studentenaustauschprogramm Erasmus. Der Brexit schadet damit selbstverständlich nicht nur den britischen Unis, sondern auch der europäischen Forschung insgesamt. Auch etliche österreichische Wissenschafter haben Kooperationen mit britischen Kollegen laufen. Die werden künftig nicht einfacher werden. Und was mit den Forschern aus der EU auf der Insel passiert, ist unklar.

Entsprechend groß ist der Frust unter den führenden Forschern der Insel. Sie appellierten an ihre Regierung, trotz des Brexit eine möglichst gute Kooperation mit den Wissenschaftern aus der EU sicherzustellen. Mit britischem Humor reagierte nur Simon Wessely, einer der führenden Psychiater des Landes: "Einen Einfachflug nach Zürich bitte." (tasch, 24. 6. 2016)